1945: Flucht und Vertreibung aus den deutschen Ostgebieten

hier speziell: Flucht aus Hinterpommern Anfang März 1945


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Zeitlebens im Gedächtnis - Deutsche Schicksale um 1945 

Wir zahlten für Hitlers Hybris

 

Band 15 in der gelben Buchreihe  „Zeitzeugen des Alltags“

Rezension: 

Beklemmendes Geschichtszeugnis

Zeitenwenden im politischen Geschehen sind auch immer Wenden im persönlichen Leben. Wenn ein politisches System zusammenbricht – wie im vorliegenden Buch das der Nationalsozialisten – bedeutet das für Millionen Menschen Veränderung, Aufgabe von bisher Gewohntem.

Die Berichte in Band 15 der Gelben Reihe "Zeitzeugen des Alltags" erzählen vor allem von den Jahren 1944 bis 1946. Sie handeln von Flucht, Vertreibung, von Verlust, Tod, Lebensangst.

Es sind beklemmende Zeugnisse. Die Berichtenden waren damals Kind oder im jugendlichen Alter, sie wurden aus ihrer Heimat vertrieben, flüchteten mit ihren Familien oder allein, sahen zu wie Freunde oder Verwandte auf dieser Flucht starben: an Hunger, an Entkräftung, an der Kälte. Schwer vorstellbar sind solche Ereignisse heute – kennen doch die unter 60-jährigen Deutschen den Krieg und seine Folgen kaum aus eigener Erfahrung. Wer schon weiß wirklich, wie es ist zu hungern? Wer muss jahrelanges Leben in Lagern ertragen?

Glücklicherweise kennen wir solche Geschehnisse nur aus Erzählungen – dennoch müssen solche Erzählungen ein finsteres Kapitel der (nicht nur) deutschen Geschichte lebendig halten.

Und solche authentischen, bewegenden Einzelschicksale wie die in "Wir zahlten für Hitlers Hybris" sorgen dafür, dass auch nachkommende Generationen nicht vergessen, nicht vergessen können. Jürgen Ruszkowski hat als Herausgeber eine Auswahl getroffen, die sicher nicht einfach war, die Zeitzeugen zu Wort kommen lässt und die allein deshalb glaubwürdig und ohne Pathos ein Stück Geschichte weitergibt.

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03.08.2004

bei Jürgen Ruszkowski, Nagelshof 25 (Hobökentwiete 44/32), D-22559 Hamburg-Rissen

Tel.: 040 - 18 09 09 48 

e-mail juergenruszkowski (at) gmail.com:

Die unter 65jährigen Deutschen kennen Krieg und Kriegsende nicht mehr aus eigenem Erleben. Doch traumatische Kindheits- und Jugenderinnerungen werden viele über 70jährige „wohl bis ans Lebensende verfolgen“. Als Zeitzeugen haben sie den jüngeren Generationen zu übermitteln, was Krieg und Hass zwischen den Völkern an zerstörerischen Kräften bis in das Einzelschicksal hinein bewirken.

zu bestellen bei epubli.de oder über den Buchhandel

Als 10jähriger Knabe habe ich Anfang März 1945 die einwöchige Flucht aus Pommern im letzten westgehenden Eisenbahnzug im dachlosen Güterwagen bei winterlichen Temperaturen noch eben gerade rechtzeitig vor dem Einmarsch der sowjetischen Armee erlebt. Obwohl sich kein Deutscher unter 60 noch an das Kriegsende oder die ehemaligen deutschen Ostprovinzen persönlich erinnern kann, sollte dieser grauenvolle Teil deutscher Zeitgeschichte nicht in Vergessenheit geraten.

Hitlers aggressiver verbrecherischer Rassen- und Größenwahn mit seinem verbrecherischen Überfall 1939 auf Polen und 1941 auf die Sowjetunion, führte zum Verlust dieses seit etwa 1200 von Deutschen besiedelten und kulturell geprägten Landes, der späteren preußischen Provinz Pommern und zur Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus Stettin und den Gebieten östlich der Oder. Die deutsche Zivilbevölkerung musste die Suppe auslöffeln, die die nationalsozialistische Führung dem deutschen Volk eingebrockt hatte.

Przestepczy i agresywny obled Hitlera (zniszczony i zmiazdzony Bonhoeffer i jego przyjaciele, niestety bezskutecznie próbowali temu przeciwdzialac, kiedy wczesniej niz wiekszosc innych Niemców to rozpoznali) z jego napadem na Polske w 1939 r., na Zwiazek Radziecki w 1941 r., doprowadzil do utraty 1200 miejscowosci na pruskim Pomorzu, zasiedlonych i kulturalnym pietnem naznaczonych przez Niemców i wypedzenia niemieckiej ludnosci ze wschodniej strony Odry.


speziell: Flucht aus Pommern:

(Informationen aus dem Internet und aus dem sehr gründlich recherchierten Buch von Helmut Lindenblatt: "Pommern 1945 - Eines der letzten Kapitel in der Geschichte vom Untergang des Dritten Reiches", 1984 / 1993 im Verlag Gerhard Rautenberg, Leer)

Die sowjetischen Verbände waren aus ihren Brückenköpfen an der Weichsel am 12. Januar auch zum Vormarsch Richtung Oder angetreten und hatten den Strom am 31. Januar bei Frankfurt und Küstrin erreicht, wobei sie etwa 600 Kilometer vorgestoßen waren. Die bereits an der Weichsel schwer angeschlagenen deutschen Truppen konnten diesen Angriff nur wenig verzögern. Dementsprechend fielen in diesem Gebiet besonders viele Deutsche in sowjetische Hand, somit war die Zahl der im Warthegau und im östlich der Oder gelegenen Teil der Mark Brandenburg ermordeten Deutschen besonders hoch. In Ostbrandenburg wurden 35 Prozent der Bevölkerung umgebracht. Jeder vierte Pommer mußte sterben.

Der sowjetische Vormarsch endete zunächst an der Oder, weil die Führung der Roten Armee ihre Kräfte für den Angriff auf Berlin neu gruppieren, Reserven heranfahren und die nördlichen und südlichen Flanken in Pommern und Schlesien sichern wollte. Sie richtete ihre Operationen von da ab verstärkt nach Norden, wo ganz Ostpommern zunächst fast völlig unverteidigt war. Es gelang nur mit großer Mühe, diese Frontlücke notdürftig zu schließen. Zu einer der beiden deutschen Armeen, die eine von der Oder bis zur Weichsel reichende Verteidigungslinie bildeten, gehörten nur fünf reguläre deutsche Divisionen. In der Mehrzahl bestand sie aus nichtdeutschen Freiwilligen-Divisionen der Waffen-SS: Skandinaviern der Panzer-Grenadier-Division Nordland, Walloniern der Panzer-Grenadier-Division Wallonie, Holländern der Panzer-Grenadier-Division-Nederland. Im östlichen Teil Pommern wurde die französische SS-Freiwilligen-Division Charlemagne eingesetzt.

Hinterpommern wurde von den Russen somit im Februar und Anfang März von Süden her eingenommen.


In den letzten Februartagen begannen die sowjetischen Armeen - unterstützt von der 1. polnischen Armee - gleichzeitig in Westpreußen und in Ostpommern ihre entscheidenden Angriffe zur Gewinnung der Ostseeküste und zur Besetzung des Landes zwischen dem Unterlauf der Weichsel und dem Unterlauf der Oder.   Von Süden nach Norden wurde innerhalb von knapp 14 Tagen ganz Ostpommern in Besitz genommen. Die zwei Hauptstöße der sowjetischen Truppen im Raum Ostpommerns führten einerseits aus dem Raum Friedeberg - Arnswalde nach der Odermündung bei Stettin und weiter nordwärts zur Ostseeküste bei Cammin und andererseits aus dem Raum Schneidemühl - Deutsch-Krone über Neustettin, Bublitz nach der Ostseeküste östlich Köslin. Beide Ziele wurden in kürzester Zeit erreicht, und damit entstand eine für die flüchtende Bevölkerung Pommerns fast aussichtslose Lage. Schon am 1. März standen russische Truppen östlich Köslin an der Ostseeküste, wodurch Ostpommern in zwei Teile gespalten und für alle östlich der Linie Neustettin - Köslin liegenden Kreise die Landverbindung nach Westen abgeschnitten war.


Die vielfach überlegenen sowjetischen Kräfte konnten Pommern jedoch in der letzten Februar- und der ersten Märzwoche zu einem großen Teil besetzen, vor allem aber bei Cammin am östlichen Mündungsarm der Oder die Ostsee erreichen und so die noch an der ostpommerschen Küste stehenden deutschen Verbände und dort zusammengedrängten Flüchtlingsmassen von der Landverbindung mit dem Westen abschneiden. Östlich der Oder konnten nur noch die Stadt Kolberg sowie der östlich von Stettin gelegene Brückenkopf Altdamm für kurze Zeit gehalten werden.

In Kolberg befanden sich etwa 70.000 Zivilisten. Die Stadt wurde von polnischen und sowjetischen Verbänden ununterbrochen angegriffen und ihr Verteidigungsraum immer mehr zusammengedrängt. Er lag unter unaufhörlichem Beschuss der feindlichen Artillerie. Aber trotz hoher Ausfälle verteidigte die schwache deutsche Besatzung Kolberg, um den Abtransport der Flüchtlinge zu ermöglichen, für den Schiffsraum zunächst noch nicht zur Verfügung stand. Erst in der Nacht vom 17. zum 18. März war die Evakuierung der letzten Zivilisten und Soldaten über See möglich. Als die Polen und Sowjets am 18. März in die Ruinen der Stadt eindrangen, waren alle Zivilisten, Verwundeten und noch kampffähigen Soldaten, insgesamt etwa 75.000 Menschen, eingeschifft worden.


Cammin war bis 1945 Kreisstadt im nordwestlichen Hinterpommern gegenüber der Insel Gistrow am Camminer Bodden, 1939 zählte der Ort 6.100 Einwohner, Mineral- und Moorbäder, Fischhandel. Seit 1945 polnisch: Kamien Pomorski.

Helmut Lindenblatt: "Pommern 1945": Am Montag, dem 5. März 1945 bedrohten von Gülzow und Revenow her sowjetischen Angreifer mit Panzern und aufgesessener Infanterie den Ort. "In der Stadt brachen die ersten Brände aus. Jetzt begannen fieberhafte Vorbereitungen für den Abtransport der Restbevölkerung auf dem Wasserwege. Er durfte erst nach Einbruch der Dunkelheit beginnen und musste noch vor Mondaufgang gegen 4 Uhr früh beendet sein. - Obwohl die Russen gegen 21 Uhr an allen Stadteingängen ihre Angriffe heftig verstärkten, kamen sie an keiner Stelle voran, und die Einschiffung lief auf vollen Touren. Kurz nach Mitternacht wurde am Bahnhof, wo auch Hitlerjungen und Volkssturmmänner eingesetzt waren, wieder ein Panzer abgeschossen, ein zweiter schwer beschädigt außer Gefecht gesetzt. - Bis, etwa um 2 Uhr nachts, das letzte Flüchtlingsschiff unten am Hafen ablegte, gingen weitere Panzer in Flammen auf: an der Hindenburgstraße, am Getreidesilo. Inzwischen brannte die Stadt an vielen Stellen, die Fernsprech- und Funkverbindungen waren alle unterbrochen, die Verteidiger abgekämpft und fast ohne Munition. - Um 3.40 Uhr wurden die letzten Verwundeten eingeschifft, restliche Waffen gesammelt oder gesprengt und der innerste Stadtteil nochmals nach Zivilisten durchsucht. Starke Sicherungen blieben nur noch an den Hauptkampfstellen; die Masse der Truppe wurde unter der Mauer bei der Hafenbrücke gesammelt. Um 3.55 Uhr erfolgte ein schlagartiges Zurückziehen der letzten Sicherungen, und die Soldaten wurden verlust- und kampflos zu den bereits auf den Artillerie-Trägern eingestiegenen Zivilisten eingeschifft. Die Russen folgten nur zögernd und erkannten die Aktion nicht. Um 4 Uhr legte der Artillerie-Träger befehlsgemäß ab. Die Stadt stand nunmehr ganz in Flammen, die Russen schossen noch mehrere Stunden mit allen Waffen weiter in den bereits verlassenen Stadtteilen. Die Verwundeten und Zivilisten wurden in Heidebrink ausgeschifft, die Truppe in Bünnewitz auf Gistrow an Land gesetzt. - Als sie sich an der gesprengten Brücke schon wieder neu formiert hatte, traf der letzte ein, der Cammin verlassen konnte: ein Hitlerjunge, dem - als russischer Soldat verkleidet - die Flucht mitten durch den sowjetischen Einschließungsring geglückt war."


Der Brückenkopf Dievenow, (polnisch Dziwnów) mit Diewenow-Wald, (polnisch Dziwnówek) östlichster Punkt an der Ostsee auf der Insel Wollin vor dem Oderhaff, wurde bis Anfang Mai 1945, also bis unmittelbar vor Kriegsende gehalten, als Hinterpommern schon lange und später auch Vorpommern von den Sowjets eingenommen war. Die Inseln Usedom und Wollin wurden als letzter Teil Pommerns den Russen überlassen. Nachdem die Rote Armee am 7. März 1945 die Ostseeküste vor Dievenow und das Oderhaff erreicht hatte, waren im Raume Horst direkt an der Ostseeküste noch größere deutsche militärische Einheiten und Tausende Flüchtlinge eingekesselt. Während die Russen "vor Koberg auf Gegenwehr gestoßen waren, verzichteten sie auf die Besetzung der Ostseeküste zwischen Dievenow und Deep, obwohl sie Widerstand hier nicht mehr zu erwarten hatten. Wie seit langem geplant, sollten in diesem Gebiet polnische Formationen Besatzungsfunktionen übernehmen. Die meisten mussten erst nachrücken. Deshalb beschränkten sich die Russen anfangs auf Vorstöße von Treptow aus und begannen nur zögernd, den Küstenstreifen zwischen Cammin und Treptow einzuengen." Während die Flüchtlinge und deutschen Soldaten aus dem Kolberger Kessel nach hartnäckigem Widerstand gegen die polnischen Eroberer nach und nach über die Ostsee evakuiert werden konnten, bestand diese Hoffnung für die Eingeschlossenen von Horst (Korpsgruppe Generalleutnant von Tettau) nicht. Sie schlugen sich mit einem dramatischen Kampf mit Unterstützung durch deutsche Schiffsartillerie und einem Entlastungsangriff von Dievenow aus direkt am Strand und durch den strandnahen Wald in der Nacht vom 11.auf den 12. März 1945 über eine Strecke von über 12 km nach Dievenow durch. - "Gegen 9 Uhr erreichte das Bataillon Bruns das Waldstück westlich des Kalk-Berges. Erschöpft, und nicht mehr alle dabei. Kurze Rast. Dann schon wieder Alarm! Die Erde zitterte unter dem Bombenhagel auf Swinemünde, und bei Raddak Fritzow attackierten die Sowjets die Riegelstellung, den letzten Schutz für die Letzten, die in den Brückenkopf strebten. Noch einmal gelang es, die Angreifer für ein paar Stunden abzuwehren. Am Abend Endlich Ruhe. Die Männer sanken auf den Boden, wo sie gerade gestanden hatten - übermüdet, halb verhungert, völlig ausgepumpt. Es war eine laue Frühlingsnacht, die erste nach dem langen Winter... Es blieb ruhig... nur die notwendigsten Wachen wurden aufgestellt. - Unten am Strand zogen die allerletzten Flüchtlinge nach Dievenow. - Eine Mutter saß am Strand, zu beiden Seiten je ein Kindchen. Sie sahen uns mitleiderregend an. Wir gingen zu ihnen und wollten die Mutter zum Mitgehen veranlassen. Aber sie war tot, und die Kinder meinten, sie ruhe nur aus. Wir mussten sie von der Mutter reißen, damit wenigstens sie noch mit dem Leben davonkommen." - Es konnten bei dem Ausbruch 10.700 deutsche Soldaten und 12.000 bis 17.000 Zivilisten (niemand weiß die Zahl genau) gerettet werden.

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Nach dem Studium der Dokumentation von Helmut Lindenblatt "Pommern 1945" besuchte ich am Samstag, dem 29.September 2001, 56 Jahre später, diesen blutdurchtränkten Strand östlich von Dievenow-Wald (polnisch Dziwnówek) und dachte an die Leiden dieser Menschen. Was hatte Hitler ihnen und vielen anderen in ganz Europa mit diesem schrecklichen Kriege eingebrockt?!


In meiner Autobiographie berichte ich: Der Krieg kommt auch an die „Heimatfront“: Immer öfter muss meine Mutter mit uns Kindern nachts in den Luftschutzkeller. Im Herbst 1943 sollen wir, ich war acht Jahre alt, mit meiner Schule wegen des Bombenkrieges nach Grimmen in Vorpommern evakuiert werden. Meine Mutter zieht es vor, mit uns auf den Bauernhof ihres Bruders Walter nach Dischenhagen (heute Dzisna / Dzieszkowo) im Kreis Cammin in Hinterpommern zu gehen. So werden wir vor den immer heftigeren Bombardements verschont. Dort geht der Krieg fast spurlos an uns vorbei. Von der bevorstehenden Katastrophe bekommen wir nichts mit. Der Radioapparat auf dem Hof ist defekt und die gleichgeschaltete großdeutsche Presse ohnehin bis zum letzten Tag auf Siegesoptimismus geschönt. Ab Januar 1945 erhalten wir in Hinterpommern die ersten nächtlichen Einquartierungen von Flüchtlingstrecks aus Ostpreußen, die am nächsten Morgen wieder weiterziehen.

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Karte des westlichen Hinterpommern mit Cammin, Wollin, Dischenhagen, Gollnow, Lübzin, Altdamm vor 1945

Das Wohnhaus auf dem Hof meines im 2. Weltkrieg in Rumänien vermissten Onkels Walter Dollerschell in Dischenhagen (heute Dzisna / Dzieszkowo), Kreis Cammin, das den Krieg überlebte. - Bei meinem Besuch dort las mir die polnische Familie den deutschen Spruch auf den Kacheln in der Küche mit polnischem Akzent vor: "Sich reggen, bringt Seggen!"

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Podczas nalotów dywanowych bylem z matka i siostra dwa lata w Dzisnej (powiat kamienski, na pólnocny wschód od Lubczyny i pólnoc od Goleniowa)w gospodarstwie jednego z wujów, gdzie chdzilem do szkoly wiejskiej. Dom mojego wuja w Dzieszkowie, zamieszkuje dzis polska rodzina. W kuchni mozna przeczytac jeszcze na kafelkach po niemiecku: "Krzatac sie, to niesc blogoslawienstwo!".


Der gummibereifte Pferdewagen wird, als die Front immer näher rückt, mit einer Plane versehen und für die Flucht mit den wichtigsten Sachen, wie Bettzeug, Kleidung und Lebensmittelvorräten beladen. Porzellan, Bestecks und Wertsachen werden in Kisten verstaut und im Garten hinter dem Haus vergraben. Wenn wir nach dem Kriege (Hitler glaubt offenbar immer noch an den Endsieg und schickt zu dieser Zeit noch deutsche Truppen, die zum Aufhalten der Russen in der eignen Heimat dringen nötig gewesen wären, nach Ungarn, um die Bolschewiken von dort aus in die Zange zu nehmen) zurückkehren werden, wollen wir die Sachen wieder hervorholen. Aus Bettlaken näht meine Mutter Rucksäcke. Am 28. Februar fahren wir noch sorglos zur Konfirmationsfeier meines Vetters nach Lübzin. Am 3.3. sehen wir in der Nacht im Nordosten Feuersschein am Horizont und wundern uns darüber. Niemand ahnt, dass er schon die nahen brandschatzenden Russen ankündigt, die mit überwältigender Übermacht nur auf geringen Widerstand stoßend, in wenigen Tagen große Gebiete überrennen. Die Flucht darf erst nach obrigkeitlicher Weisung angetreten werden. Im kalten frühen März (soweit ich es rekonstruieren kann, in Dischenhagen wahrscheinlich am 4.3.) 1945 kommt die behördliche Anordnung: Evakuierte dürfen den Ort verlassen, Ortsansässige haben noch zu bleiben. Ich bin 10 Jahre alt, meine Mutter 34, mein Vater als Soldat auf dem Rückzug im Westen. Wäsche wird doppelt und dreifach auf den Körper gezogen, die gepackten, aus Bettlaken genähten Rucksäcke werden geschultert. Tante Erna bringt uns (vermutlich am 4. März) mit dem Pferdewagen zum Bahnhof Kantreck (heute Loznica). Dort langes vergebliches Warten auf einen Zug (den ganzen Tag und die darauffolgende Nacht). Mehrere Flüchtlingszüge fahren ohne uns weiter. Zwischendurch werde ich noch einmal zu Fuß über die Kleinbahngleise zurückgeschickt, um irgend etwas Vergessenes zu holen. Meine Mutter erwartet derweil besorgt meine Rückkehr. In der Nacht der feuerrote Horizont im Nordosten. Die Russen melden sich schon per Telefon aus der nächsten nördlichen Bahnstation (Cammin wurde am den 5.3. bedrängt, um den 5.3. setzten sich deutsche Militärdienststellen aus dem Nachbardorf Hammer (heute Babigoszcz) ab. Hagen vor Wollin wurde am 7.3.von den Russen eingenommen). Es gelingt uns (es muss am 5.3. gewesen sein), im letzten Eisenbahnzug dank der beherzten Durchsetzungsfähigkeit der Mitevakuierten und späteren Freundin der Familie, Irmgard Jaeger aus Hagen in Westfalen, die Türen einer offenen Kohlenlore von außen zu öffnen und uns gegen den heftigen Widerstand der bisherigen „Passagiere“ Einlass zu verschaffen. Die Flucht im unbedachten Güterwagen, den Russen noch gerade im letzten Augenblick entkommen, führt uns durch das brennende Altdamm und Stettin immer weiter nach Westen. Für die Strecke bis Stettin, die man sonst mit dem Bummelzug in einer Stunde fuhr, benötigt unser Flüchtlingszug eine Woche. Immer wieder bleibt er auf freier Strecke stundenlang stehen, bis die zerbombten Schienen wieder notdürftig repariert worden sind (vermutlich fanden bereits unweit der Bahngleise Kämpfe statt: Gollnow (heute Goleniow) wurde am 7.3. von den Russen bedroht, Lübzin (heute Lubczyna) am 8.3. Bei Hornskrug (heute Rzesnica) nördlich vor Altdamm (heute Dabie) stürmten die Sowjets am 11.3. gegen den bis zum 20.3. von den Deutschen gehaltenen Brückenkopf Altdamm). Es ist riskant, den Zug zu verlassen, etwa um ein menschliches Bedürfnis zu erledigen. Er kann nach kurzem Pfeifen der Lokomotive jeden Moment wieder anfahren. Die russischen „Nähmaschinen“ (Jagdflugzeuge) beharken auf der parallel laufenden Landstraße die zurückflutenden deutschen Militärkolonnen mit Maschinengewehrfeuer, verschonen aber unseren Flüchtlingszug (Lange steht der Zug auch vor Altdamm und meine Mutter überlegt ernstlich, dort auszusteigen, weil unsere unversehrte Wohnung ganz in der Nähe ist). Von Stettin aus geht es dann (vermutlich am 9.3.) an einem Tag durch bis an unser Ziel, das uns aber noch unbekannt ist. Nur ab und zu hält der Zug, um einige Kinderleichen oder an Erschöpfung gestorbene alte Leute auszuladen. Ein Mann in SA-Uniform reicht unterwegs den durstigen Flüchtlingen auf deren Bitte einen Eimer mit Trinkwasser aus einem Bahnwärterhäuschen in den Waggon. In Grevesmühlen in Westmecklenburg, kurz vor Lübeck, hält der Zug und wir müssen alle aussteigen. Eine Woche lang finden wir zusammen mit vielen anderen Flüchtlingen ein erstes Notquartier in der Fremde im evangelischen Gemeindesaal auf einem Strohlager. Am nächsten Tag kann ich nicht mehr laufen. Meine im offenen Güterwagen angefrorenen Füße heilen aber langsam wieder. Einem Altersgenossen müssen die erfrorenen Zehen amputiert werden...

Die in Neu-Dischenhagen (heute Dzieszkowo) zurückgebliebenen Verwandten werden, wie wir erst viel später erfahren, (vermutlich noch am 5.3.) von den Russen überrollt und erleben deren Vandalismus grauenvoll am eigenen Leibe. Als erstes buddeln sie unsere vor wenigen Tagen im Garten vergrabenen Kisten zielstrebig aus. Auf ihrem Vormarsch durch Ost- und Westpreußen haben sie darin schon hinreichend Erfahrung sammeln können. Die betrunkenen Russen holen die Flaschen mit eingeweckten Blaubeeren aus dem Keller und werfen sie gegen die Hauswand, weil sie keinen Wodka enthalten, zerren die Federbetten heraus und schlitzen sie auf, stochern mit Forken im Heu herum, worin sich die Frauen versteckt haben und feiern Orgien der Vergewaltigung. Dem sind wir noch gerade rechtzeitig entkommen!


Flucht der Familie Guth aus Lüttmannshagen / Pommern ab 05. März bis 1. April 1945

Ludwig Flint Kontakt , aus Neuss verfasste im Frühjahr 2000 als Nichtpommer aus Zeitungsberichten, Befragungen und Erzählungen verschiedener Personen aus Lüttmannshagen und Umgebung nach bestem Wissen folgenden Bericht. In der Zeitabfolge und ggf. auch im Text können Ungenauigkeiten möglich sein.

Zu Beginn des Jahres 1945 kam die russische Front bedrohlich näher. Mein Schwiegervater, Gustav Guth, hatte bei Beginn des Krieges in Polen gesehen, wie die Deutschen dort gehaust hatten. Er befürchtete nun deren Rache. In den Monaten Januar und Februar 1945 hatte er als Hilfspolizist in Hammer den Verkehr zu regeln. Die Straßen waren durch Flüchtlinge aus Ostpreußen verstopft. Auch hier hatte er von dem Verhalten der einrückenden Russen, insbesondere den Vergewaltigungen, gehört. Für ihn stand fest, dass seine Familie und besonders seine weiblichen Familienmitglieder, den Russen nicht in die Hände fallen durften.

Ende Februar / Anfang März 1945 wurden die Lüttmannshagener vom Ortsbauernführer Gaddun aufgefordert, Vorsorge für eine eventuelle Räumung des Dorfes zu treffen, den genauen Termin einer Räumung werde er noch übermitteln. Vorher dürfe der Ort nicht verlassen werden.

Der Russe war nicht mehr weit, das Kampfgeschehen aus der Ferne schon zu hören. Am Nachthimmel war im Nordosten Feuerschein von der nahenden Front am Himmel zu sehen. Insgeheim wurde daher die Flucht vorbereitet, obwohl dies ohne ausdrücklichem Befehl des Ortsbauernführers untersagt war.

Am Samstag, dem 3. März, brachte Gustav Guth noch die Milch zur Molkerei in das 15 km entfernte Gollnow, die aber schon nicht mehr angenommen wurde. Sein Ziel war es aber insbesondere, seine in Gollnow wohnende Tochter Irmgard mit ihren beiden Kindern, 2 und 4 Jahre alt, abzuholen. Irmgards Mann, Fritz Fehrmann, war Soldat im Westen, wo er am 4. März, also etwa zur gleichen Zeit, gefallen ist. Sein Grab befindet sich auf dem Soldatenfriedhof Weeze/Niederrhein. Irmgard entschied sich aber, bei der Familie ihres Mannes zu bleiben und mit denen zu flüchten.

Die Bewohner der ersten Häuser an der Straße von Lüttmannshagen, meist Handwerker und Privatpersonen, waren schon am Samstag, dem 3. März, mit der Eisenbahn abgefahren.

An 4. März trafen weitere Personen auf dem Bahnhof Kantreck ein, die mit dem Zug flüchten wollten. Meine Frau Friedchen hat sich am 4.3. abends um 22 Uhr von ihrer besten Freundin Mia Rohloff verabschiedet, deren Angehörige zu dieser Zeit bereits im Zug saßen. Dies brachte ihr noch Ärger mit ihren Eltern ein, bei der angespannten Lage und dem erst gut 14 Jahre alten Mädchen sehr verständlich. Die Freundinnen versprachen, sich gegeneinander zu schreiben. Daraus wurde nichts, denn niemand wusste später, wohin man schreiben sollte. Mia hatte es in die Gegend von Stendal verschlagen. Erst nach der Wende 1989 kam es zu einem Wiedersehen. Die Evakuierten fuhren laut dem Bericht von Otto Falck am 5.3. morgens vom Bahnhof ab.

In der Nacht vom 4. auf den 5. März wurde das zu einem Langwagen umgebaute Pferdefuhrwerk ohne behördliche Genehmigung beladen. Neben der notwendigen Bekleidung wurde der Wagen auch mit den Oberbetten bepackt. Als Plane diente ein Teppich. Besonderen Wert legte mein Schwiegervater darauf, genügend Hafer für das Pferd zu haben. Dies führte dazu, dass der Wagen mehrfach umgeladen wurde, denn Schwiegermutter wollte möglichst viel mitnehmen. Zum Essen nahm man nur Haltbares, besonders Geräuchertes mit. Meine Schwiegermutter wollte noch eine Gans schlachten, ihr Mann riet aber ab und verwies darauf, dass man unterwegs wahrscheinlich keine Zubereitungsmöglichkeit haben werde.

Aus dem nahe gelegenen, jetzt aber schon geräumten, Arbeitsdienstlager holten Friedchen und Dora sich noch je ein herrenloses Fahrrad.

So wartete man auf den Befehl des Ortsbauernführers zur Abreise. Es tat sich aber nichts.

In den Morgenstunden am Montag, dem 5. März, kam der Gefechtslärm immer näher.

Hierzu ein Bericht der Camminer Heimatgrüße Nr. 440 vom Oktober 2002: „Eine Panzerspitze der Russen kam am 5. März von Naugard und erreichte um 9.00 Uhr Trechel, 10.30 Uhr Schwanteshagen, 11.30 Uhr Zarnglaff, 12.00 Uhr Moratz, 13.00 Uhr Rackitt und 14.00 Uhr Pribbernow. Eine weitere Panzerspitze teilte sich: Die eine Hälfte war um 12.00 Uhr in Rothenfier, um 15.30 Uhr in Siegelkow, die andere Hälfte fuhr in Richtung Basenthin, Schwanteshagen, nach Kantreck, das um 15.30 Uhr erreicht wurde. Ein dort angekommener Treck fuhr größtenteils zurück. Personen aus Basenthin, Harmsdorf und Dischenhagen ist es gelungen, durch den Wald nach Gollnow oder Wollin zu entkommen. Eine andere Panzerspitze fuhr von Rackitt / Pribbernow nach Altsarnow. Nach Harmstorf kamen die Panzer erst am 7. März aus Kantreck. - In Kantreck gab es ein Massengrab, mit 23 Personen, davon 12 Selbstmorde. - In Hammer hatten die deutschen Truppen ausgelagerte Heeresbestände noch wegschaffen können. Schon am 5. März nachmittags sammelten sich die russischen Panzer in Hammer. Ein Teil fuhr über Hohenbrück in Richtung Stepenitz, wo sich noch die meisten Bewohner am 6. März per Schiff über die Oder retten konnten.“

So gegen 13 Uhr am Mittag des 5. März kam ein bekannter Müller mit seinem Fahrrad am Haus von Gustav Guth vorbei. Er war erstaunt, dass Guth`s noch nicht auf dem Weg waren und berichtete, dass die Russen schon in Schwanteshagen, etwa 10 km nordöstlich seien (um 10.30 Uhr, siehe oben). Der Gutsherrin dort habe man schon den gesamten Schmuck abgenommen.

Nun gab es für Gustav Guth kein Halten mehr. Meine Schwiegermutter ging noch mal ins Haus, beugte sich auf den Wohnzimmertisch und weinte bitterlich. Sie hatte zuvor noch alles gesäubert und geputzt, so dass mein Schwiegervater meinte: „Du hast se doch nicht alle. Was meinst Du, wie das hier aussieht, wenn die Russen hier erst hausen?“ Die Ställe wurden geöffnet, die Kühe und Schweine freigelassen, damit das Vieh sich selbst Futter suchen konnte.

Am 5. März 1945 gegen 14 Uhr begann die Reise bei strahlendem Sonnenschein für Gustav Guth, 47 Jahre, seine Frau Margarethe, 48 Jahre, Tochter Dora, 25 Jahre, mit ihrem dreijährigen Sohn, Tochter Friedchen, 14 Jahre und Tochter Rita, sieben Jahre. Tochter Irmgard, 27 Jahre, hatte es ja vorgezogen, mit ihren Schwiegereltern zu reisen. Tochter Christel, 21 Jahre, war als Krankenschwester in einem Lazarett in Swinemünde tätig. Sohn Willi, 23 Jahre, war als Soldat in russische Gefangenschaft geraten und wurde erst 1951 entlassen.

Sie verließen den geliebten Hof und den Ort Lüttmannshagen. Alle, die an der Straße wohnten, folgten sofort, so dass ein Treck von insgesamt etwa 15 Fuhrwerken zusammenkam. Viele Leute aus dem Ortskern Lüttmannshagen waren schon unterwegs. Man hörte dann, dass der Ortsbauernführer, auf dessen Treckbefehl man gewartet hatte, schon längst über alle Berge war.

Leute aus Dischenhagen waren laut Otto Falck schon gegen 11 Uhr in Hammer eingetroffen. Zu dieser Zeit hatten sich auch die Bewohner aus Hammer auf den Weg in Richtung Pribbernow gemacht.

Als der Lüttmannshagener Treck über die Brücke des Gubenbaches gefahren war, sagte mein Schwiegervater: „Guckt euch noch mal um, ihr werdet dies nie wiedersehen.“

Die Landstraße in Richtung Gollnow war laut Falck bereits seit dem 3.3. gesperrt. In Hammer wurde dem Treck die Weiterfahrt auf der Landstraße in Richtung Gollnow von den Militärs daher verweigert. Der Treck wurde angewiesen, etwa 20 km in den Wald Richtung Hohenbrück zu fahren und dort ggf. zu übernachten.

Der Treck, bestehend aus den Familien Guth, Gustav Stapel, Ziemann, Richard Stapel, Wobzer, Franz Wob, Karl Schubert, Kühl, Retzlaff, alle an der Straße ab Bahnhof Richtung Hammer wohnend, sowie Eickelbaum, Maas, Kurt, Pätzold, Wahl, Berghahn und Lüdtge/Deilmann, Heidenreich aus dem Ortskern, versammelte sich im Wald. Es begann zu schneien. Laut Otto Falcks Bericht setzten sich am 5.3. die deutschen Militärdienststellen aus Hammer, das kurz zuvor von dem Flüchtlingstreck aus Lüttmannshagen passiert worden war, ab.

Gegen Abend fuhr Franz Stapel in Begleitung der Tochter von Berghahn mit dem Fahrrad von Hohenbrück nach Gollnow.

Stapel kam bald zurück und berichtete, dass die Soldaten die Panzersperre schließen wollten. Wenn der Treck sofort kommen werde, würde man diesen noch durchlassen. Weiter wurde von Soldaten berichtet, dass der Russe bereits in Kantreck, also nur zwei Kilometer von Lüttmannshagen entfernt sei. Dort habe man sich allerdings zunächst über die Schnapsvorräte der Brennerei hergemacht, man wisse aber nicht, wann der nächste Angriff gestartet werde.

Wieder war es mein Schwiegervater, der die Initiative ergriff und sofort anspannte. Unter Murren schlossen sich die anderen an. Die Entscheidung war absolut richtig, wie aus dem Verlauf der Kampfhandlungen laut Camminer Heimatgrüße Nr. 440 zu entnehmen ist. An 6. März soll eine Panzerspitze der Russen bereits bis nach Stepenitz gekommen sein.

So schnell es eben ging, machte man sich auf den Weg. Inzwischen war auch schon gelegentlich Gewehrfeuer zu hören. Es wurde die Nacht im Trab durchgefahren. Die Fahrt ging über Amalienhof.

Gegen Abend des 6.3. war der Treck dann in Christinenberg vor Stettin-Altdamm. Die Bewohner Christinenbergs waren bereits am Morgen des 5.3. abgezogen. Man überlegte, die Nacht im Wald zu verbringen und tarnte die Wagen mit Sträuchern. Zuvor holte man sich Milch, die Soldaten von den dort frei herumlaufenden Kühen gemolken hatten. Die Soldaten schimpften mit den Frauen, dass sie sich so leichtsinnig in Gefahr begeben.

Wie auch die Christinenberger, wurde der Treck bei Hornskrug auf die Autobahn geleitet, die Stettin südlich in Richtung Berlin umgeht.

Auf dem Fluchtweg wurde der Treck immer wieder von Tieffliegern beschossen. Bei einem Tieffliegerangriff wurde die achtjährige Rita Guth an der Hand verletzt. Dora ging mit ihr zum Verbandsplatz. Auch hier wurden sie wieder beschossen. Man suchte Schutz in den Furchen des Feldes. Friedchen lag bei einem Beschuss auf dem Wagen. Ihr Vater befahl ihr, auf dem Wagen zu bleiben. Sie versteckte ihren Kopf in den Oberbetten. Später fand man Geschosse im Bett. Auf dem Wagen von Ziemann war ein etwa einjähriges Kind. Die Mutter konnte das Kind nicht schnell genug vom Wagen bekommen und deckte es daher mit Betten zu.

Das Kind erstickte und wurde jenseits der Oder zusammen mit einem anderen Kind beerdigt.

Nun hieß es, sofort weiter zu fahren, denn die Oderbrücke sei zur Sprengung vorbereitet. Allerdings wurde die Weiterfahrt durch das Militär behindert, das zuvor die Stadt Stargard verteidigt hatte.

Mein Schwiegervater schickte Friedchen mit einer Kanne zu den an den Straßen stehenden Häusern, um nach Kaffee zu fragen. Bei der ersten Familie wurden sie fortgeschickt. Die zweite Familie bat sie ins Haus, weil der Kaffee noch zubereitet werde müsse. In der Zwischenzeit könne sie schnell etwas essen. Es gab Gänsekeule. Sie saß aber auf heißen Kohlen, denn der Treck bewegte sich weiter. Inzwischen kam schon der Nachbar Stapel mit dem Fahrrad, um sie zu suchen. Auch Schwiegervater hatte sich voller Sorge zu Fuß auf den Weg gemacht. Als sie ihm entgegen kam, gab es zunächst einen Rüffel, dann aber nahm er ihr die schwere Kaffeekanne ab.

Noch vor der Oderbrücke kam der sogenannte Heldenklau: Alle nur halbwegs gesunden Männer wurden zum Volkssturm oder zu Schanzarbeiten herangezogen. Mein Schwiegervater wurde auch aufgefordert, sofort mitzukommen. Zu diesem Zeitpunkt war er aber allein mit seiner damals 14jährigen Tochter Friedchen auf dem Wagen, denn seine Angehörigen liefen vor, neben und hinter dem Wagen. So ließ man ihn weiterfahren.

Bei Friedensburg verließ man die Autobahn und erreichte unter weiterem Beschuss mit aller Kraft die Brücke über die Oder bei Güstow. Auf der Brücke baten Flüchtlinge aus Ostpreußen um Hilfe, aber jeder war zunächst für sich und seine Angehörigen verantwortlich. Angeblich soll diese Brücke kurz danach gesprengt worden sein. In der Nacht zum 17. März, also 11 Tage später wurden die Autobahnbrücken gesprengt.

Am Wegesrand lagen überall Leichen und getötete Pferde. Friedchen hatte ihr in Lüttmannshagen besorgtes Fahrrad schon längst irgendwo liegen lassen, denn in den Sandwegen konnte man sowieso nicht fahren.

Auf dem linken Oderufer war die größte Gefahr zunächst gebannt. In einer der nächsten Ortschaften, in Nadrensee, westlich der Autobahnabfahrt Kolbitzow, wurde Station gemacht. Zunächst wurde das Pferd, das bisher so gute Dienste geleistet hatte, versorgt. Man bekam eine Unterkunft auf einem Gut mit einer Brennerei. Hier war es warm, und man konnte sich nach mehr als 30 Stunden auch mal wieder waschen. Auch gab es etwas Warmes zu essen.

Schon am nächsten Morgen ging es unter schwierigsten Strapazen weiter.

Zum Treckführer war Karl Schubert bestimmt. Ihm war als nächstes Ziel das Dorf Grambow benannt worden, etwa 15 km westlich von Stettin an der R 113, das am 8.3. abends erreicht wurde. Hier wurde wieder Rast gemacht.

In Grambow lebten Bekannte, so dass zumindest die Mädchen im Haus in einem Sessel übernachten konnten. Die Schwiegereltern dagegen haben auf dem Wagen übernachtet. Seit dem 5.3., um 14 Uhr, also in etwa 80 Stunden, hatte man unter schwierigsten Bedingungen bei Tag und Nacht ca. 80 km, zumeist über Feldwege, zurückgelegt. Es war aber nur die erste Etappe.

Am Morgen des 9. März fuhr der Treck weiter. Der weitere Weg wurde von den Behörden vorgegeben. So kam es, dass man nicht Richtung Westen, sondern in Richtung Norden geleitet wurde. Am Abend des 9. März kam man in Hintersee, etwa 15 km vor Ückermünde, an. Die Gemeinde sollte die Flüchtlinge unterbringen und möglichst auch Stallungen für die Pferde bereitstellen. Tatsächlich übernachtete man aber im Wagen.

Hier traf die Familie Guth dann andere Bewohner des Ortskerns von Lüttmannshagen. Stapel hatte hier Verwandte und beschloss dort zu bleiben. Auch eine Tante von Friedchen traf man dort. Schwiegervater lud sie ein mitzukommen. Sie aber wollte bei den anderen bleiben.

Die Reise ging am 10. März weiter nach Ückermünde. Hier sollte in der überfüllten Turnhalle übernachtet werden. Die schon Anwesenden wiesen darauf hin, dass alles verlaust sei und man sich möglichst nicht hinlegen solle. So hat man versucht, die Nacht auch auf den Wagen zu verbringen. Verpflegt wurde man hier aus einer Gulaschkanone, bekam immerhin warmes Essen.

Der weitere Weg führte über Anklam, von wo aus man am 12. März 1945 den schlimmen Fliegerangriff auf Swinemünde sehen konnte. Alle verfügbaren Rettungskräfte wurden von Anklam nach Swinemünde beordert.

Die weitere Reise führte dann nach Demmin. Von hier ging es nach Richtenberg, südwestlich von Stralsund. Etwa am 20. März wurde hier für einen Tag geruht. In Richtenberg sollten die zur Konfirmation heranstehenden Kinder, so auch Friedchen, an Palmsonntag, dem 22.3.1945 konfirmiert werden. Die Konfirmation fiel aber aus, so dass die Reise am 22. oder 23.3. weiterging.

In Richtenberg bereitete man das Essen auf der Straße zu, wo aus Steinen eine behelfsmäßige Feuerstelle errichtet worden war.

Geschlafen wurde während der Flucht in Schafställen, Kuhställen, Scheunen, Schulen, im Wagen und gelegentlich bei Privatpersonen, so in Bad Segeberg bei einem Pastor. Auf der Reise erklärte eine Flüchtlingsfrau, sie habe die Nacht sehr gut und warm geschlafen. Es stellte sich heraus, dass sie auf einem Misthaufen übernachtet hatte. Ernährt haben sich die Treckflüchtlinge überwiegend von den mitgenommenen Lebensmittel. Gelegentlich erhielt man Verpflegung durch stationäre Küchen.

Die Flüchtige waren selten gern gesehen. In Mecklenburg hat ein Bauer meinem Schwiegervater sogar das Wasser für das Pferd verweigert.

Die Weiterfahrt führte in Richtung Rostock, Wismar, Ratzeburg, Bad Segeberg bis nach Friedrichsholm in der Nähe von Rendsburg, wo der Treck Ostern, am 1. April, eintraf.

In Friedrichsholm suchten sich die Bauern wie auf einem Sklavenmarkt die ihnen zugewiesene Personenzahl aus den angekommenen Flüchtlingen aus. Eine Familie mit sechs Personen konnte nicht an einer Stelle untergebracht werden, so dass Vater, Mutter und die jüngste Tochter zu einem und die zwei älteren Schwestern mit dem Kleinkind zu einem anderen Bauern kamen. Die Unterbringung meiner Frau mit Schwester und Kind erfolgte in einem Zimmer, in dem Stroh zum Schlafen auf der Erde lag. Hier starb der kleine 3jährige Sohn meiner Schwägerin. Die Schwiegereltern erhielten ein richtiges Zimmer.

Im Jahr 1946 zog die ältere Schwester zu ihrem Mann nach Gelsenkirchen. Meine Frau konnte dann zu ihren Eltern ziehen, musste aber weiterhin auf der Erde schlafen.

Zu Kampfhandlungen ist es in Schleswig-Holstein nicht mehr gekommen. Dennoch wurde mein Schwiegervater noch eingezogen und war bis zum Kriegsende am 8. Mai Soldat. Schwiegervater arbeitete anschließend bei dem Bauern. Meine Frau erhielt fürs Melken jeweils einen Liter Milch.

Von den ursprünglichen 15 Familien des Trecks sind einige in gutem Glauben in die Heimat zurück gefahren. Dort haben sie Vergewaltigungen, Mord und Totschlag ertragen müssen. Einige der Schulkameradinnen meiner Frau haben sich in einem Teich ertränkt.

Bis 1948 hatte mein Schwiegervater sein Pferd behalten können. Dann wurde ihm das Weiden des Pferdes untersagt und er musste es kurz vor der Währungsreform verkaufen.

1949 nahm Friedchen eine Stelle im Haushalt in Neuss an, wohin dann später auch ihre Eltern umziehen konnten.


Henrik Stroede Kontakt , der jetzt in Chikago lebt, berichtet über seine Flucht aus Hammer/Pommern:

Wir hatten Glück, dass wir noch unmittelbar vor dem Einmarsch der Russen in Hammer am 5. März entkommen konnten. Der Räumungsbefehl für Hammer wurde in den frühen Morgenstunden, denke bei 6 Uhr rum durch den Bürgermeister Otto Falk (siehe Fluchtbericht untern!) bekannt gegeben, indem er von Haus zu Haus ging und die Einwohner über den Räumungsbefehl unterrichtete. Der Horizont war rot vom Feuer und das Donnern der Geschütze war deutlich zu hören. Bei 8 Uhr rum war plötzlich das Militär und die Feldgendarmerie verschwunden und die Strassen waren wie leer gefegt, denn der Strom des zurückfließendes Militärs und Flüchtlingswagen war schon am 4. März abends abgerissen. Bei 11 Uhr rum tauchten die ersten Trecks von Kantreck und den anderen umliegenden Ortschaften auf und der Treck von Hammer oder wenigstens die, welche mit dem Packen fertig waren, fuhren ab in Richtung Pribbernow. Viele blieben zurück, weil sie noch nicht fertig waren oder weil ihnen kein Wagen mit Pferden zur Verfügung stand. Unser Wagen war gepackt, aber der Pole und Ukrainer, auf die wir angewiesen waren, wurden aufsässig und verweigerten, die Pferde anzuspannen und loszufahren. Die letzten deutschen Männer, die noch einigermaßen fit waren, hatte man Tage zuvor noch zum Volkssturm eingezogen, so dass niemand mehr da war, der meiner Mutter hätte helfen können. Später stellte sich das als unsere Rettung heraus. Der Hammersche Treck wollte ursprünglich über Wollin entkommen, wurden aber schon ein paar Stunden nach der Abfahrt unterrichtet, dass dort bereits die Brücken gesprengt wurden. Sie änderten dann ihre Richtung und es gelang ihnen auf Umwegen, abends im Dunkeln Stepenitz zu erreichen, wo sich noch einige Frauen und Kinder mit einer bereitliegenden Fähre über die Oder retten konnten. Männer sowie Pferde und Wagen wurden nicht mitgenommen. Zu diesem Zeitpunkt waren Hammer und die umliegenden Dörfer und Strassen bereits von den Russen besetzt. Der Treck hat sich dann bei Hohenbrück im Wald versteckt wo die Leute dann ein oder zwei Tage später den Russen in die Hände fielen. Zurück zu uns, wie es uns und den anderen in Hammer zurückgebliebenen Personen erging. Denke, wir waren so an die 40 Personen, meistens Frauen und Kinder, ein paar ganz alte Männer, sowie einige Zwangsarbeiter (Polen, Ukrainer und Russen). Nachdem die Schiesserei immer näher kam und Hammer so bei 13 Uhr rum von russischen Kampflugzeugen unter Beschuss genommen wurde, sind wir alle hinter der Mühle auf dem Weg nach Hohenbrück in den Wald geflüchtet. Meine Mutter und ich waren die Einzigen, die ein Fahrrad dabei hatten. Mit der Ruhe im Wald war es auch bald vorbei, einmal weil deutsche Werferbatterien aus der Gollnower Richtung die Russen unter Beschuss nahmen und zum anderen dass aus allen Richtungen Leute aus umliegenden Ortschaften dazu kamen, welche russische Panzer mit aufgesessener Infanterie gesehen hatten. Auf jeden Fall war es ein totales Chaos und keiner wusste, was er machen sollte und der Krach von Gewehr und Maschinengewehrfeuer, welcher laut durch den Wald schallte, kam langsam näher. Bei der Schießerei von deutscher Seite, handelte es sich um vereinzelte versprengte Einheiten, welche ebenfalls versuchten, ihr Leben zu retten und der Gefangenschaft zu entgehen. Es muss so bei 16 Uhr rum gewesen sein, als ich zu meiner Mutter sagte: "Wenn wir hier bleiben, schnappen uns die Russen, lass mich mal mit dem Fahrrad ins Dorf fahren und sehen, was da los ist. Sie sagte: "Nein, alleine lasse ich dich nicht fahren, ich komme mit." Dieses führte dann zu unserer Rettung in letzter Minute. Es war ein unheimliches beängstigendes Gefühl, wie wir in dem menschenleeren Dorf ankamen, aber auch nicht wussten, ob die Russen nicht eventuell schon da waren. Auf jeden Fall waren wir gerade im Dorf angekommen und hielten hinter der großen Gubenbachbrücke auf der Strasse an, als wir auf einmal Motorengeräusch vernahmen und bevor wir uns versahen, standen auf einmal zwei kleine Lkws. mit lettischen Waffen-SS-Sodaten vor uns. Die sagten nur zu meiner Mutter: "Frau, wenn sie ihr Leben retten wollen, nichts wie rauf auf den Lastwagen mit den Fahrrädern, die Russen sind hinter uns und können jeden Moment hier auftauchen." Wir fuhren dann mit hoher Geschwindigkeit über Münchendorf nach Gollnow, wo sie uns kurz hinter der Ihnabrücke absetzten, weil sie wieder Anschluss an ihre Einheit gefunden hatten. Diese ganze Fahrt hatte höchstens 15 Minuten gedauert und inzwischen war es fast dunkel geworden, als es meiner Mutter auf einmal zum Bewusstsein kam, dass wir nun alles verloren hatten und sie auf Biegen oder Brechen nach Hammer zurück wollte, um noch Sachen zu holen. Zum Glück kamen wir nicht weiter, als bis an die Ihnabrücke, wo ein deutscher Posten zu meiner Mutter sagte: "Frau, sehen sie bloß zu, dass sie weg kommen, die Russen kämpfen bereits mit der kleinen deutschen Nachhut in Münchendorf und können jeden Moment hier auftauchen. Gollnow war zu diesem Zeitpunkt bereits geräumt, aber wir hatten noch mal Glück, dass wir und einige andere Nachzügler von einem Militärtransport bis hinter Altdamm mit genommen wurden und von da aus erst per Fahrrad zu Verwandten nach Pasewalk fuhren, dann zu einem Onkel auf Usedom und von dort gegen Ende März zu meiner Mutters Schwester in Bremerhaven. Dort fand sich dann so nach und nach unsere ganze Verwandtschaft mütterlicherseits ein. Ich bin dann bis zu meiner Auswanderung in Bremerhaven auf gewachsen und habe dort meine Jugendzeit verlebt.


Bericht des Bauern Otto Falck aus Hammer, Kreis Cammin, über die Vertreibung aus der pommerschen Heimat 1945.

(Otto Falck ist 1969 verstorben)

Am 3.3.1945 kam bei mir der Anruf vom Orts-Kommandanten an: "Ab 15 Uhr darf die Reichsstraße 111 in Richtung Gollnow nicht mehr benutzt werden".

Es war ein Oberleutnant mit sieben Feldgendarmen, die den Treckverkehr regelten. Nun mußte die Treckrichtung umgeleitet werden. Da bin ich sofort mit dem Oberleutnant hingegangen und wir haben Stellen im Wald gesucht, wo die Trecks umwenden konnten; bis zum Dunkelwerden war das geschafft.

Nun waren aber andere Gäste gekommen, nämlich unsere zurückflutenden Truppen. In Lüttig`s Villa befand das Generalquartier der Auffangtruppen. Sonntag, den 4. März, kamen und gingen die Truppen. Der diensttuende Hauptmann vom Ortskommandanten, welcher bei mir in Logis lag, kam in der Nacht zum 5. März, gegen 1 Uhr. Auf meine Frage, wie es stehe und wann wir Räumungsbefehl erhielten, sagte er:

„ Wir können keinen Räumungsbefehl erteilen, das ist Sache der Partei, aber ich kann Ihnen raten, bringen sie sofort die Evakuierten aus dem Dorf“.

Ich deutete ihm an, dass es Sache der N.S.V. sei und setzte mich mit Lehrer Ewald in Verbindung, Ewald lehnte ab, jetzt in der Nacht. Gegen Morgen rief er jedoch an, dass die Evakuierten nach Kantreck zu bringen seien, welches dann von mir sofort gemacht wurde. Die Evakuierten sind dann mit der Kleinbahn, vielleicht auch noch mit der Großbahn gegen 10 Uhr am 5. März den Russen entkommen.

Morgens um 8.Uhr am 5. März waren Militär und Gendamerie plötzlich verschwunden, ohne uns auch nur irgendwie über die Lage aufgeklärt zu haben.

Alles war jedoch von meiner Seite zum Treck vorbereitet. Gegen 11 Uhr kamen nun schon landeinwärts von Kantreck, her die Trecks von Basenthin, Dischenhagen und Schwarzow. (Harmstorf ist zu Hause geblieben.)

Nun fuhren wir auch von Hammer los in Richtung Pibbernow. Der Treckweg sollte über Stepenitz in Richtung Wollin gehen. Bei Craseberg dwars (quer) durch den Wald , auf die Haff-Chaussee bis Altsarnow.

Da hieß es plötzlich: „In Wollin sind schon die Brücken gesprengt“. Wir drehten um und fuhren in Richtung Stepenitz in den Wald; es war jetzt bereits dunkel geworden.

Im Wald fütterten wir erstmals. Nun konnten wir bereits auf der Stepenitzer Chaussee viele Lichter erkennen. Wir wollten erkunden, was es war. Meine Tochter Elsbeth, der alte Raddü und ich gingen hin, kamen aber nicht an die Chaussee, weil die Gestelle alle parallel mit derselben liefen. Wir mussten es aufgeben, um nicht im Walde den Treck zu verlieren.

Wie sich später herausstellte, waren dies schon die vorrückenden Russen auf der Chaussee Pribbernow-Dabessow-Rissnow-Altsarnow. Zu unserem Glück hatten sie Feierabend gemacht.

Als wir nun wieder zum Lager kamen, spannten wir sofort an und fuhren auf der Haff-Chaussee nach Stepenitz. Stepenitz war dunkel und wie ausgestorben. Ich stellte fest, dass noch ein Dampfer fahrbereit im Hafen lag, ging zum Treck und machte allen klar, dass dies die letzte Möglichkeit wäre, raus zu kommen.

Wer rüber wollte, müsse sofort handeln.

Dann habe ich die Kinder aus meinem Treck, eins nach dem anderen auf den Nacken auf den Dampfer gebracht. Es war schwer, jeder wollte rüber, und es stand alles voll. Auch mich wollte die Polizei nicht rauf lassen. Ich sagte, dass ich nicht mitfahre, sondern nur die Kinder und die jungen Frauen rüber bringen wolle.

Als das fertig war und keiner mehr hinauf wollte, sind wir dann, es wurde jetzt langsam hell, über Hohenbrück Richtung Heimat gefahren. Der letzte Wagen von uns, Paul Möhring, (Willi Möhring war auch in Stepenitz mit seine Familie herüber gegangen) hatte zwei Wagen hinter sich und konnte mit uns nicht mitkommen. Er fiel jetzt den auf der Chaussee vorrückenden Russen in die Hände. Sein 2. Wagen wurde vom Panzer überfahren. Wir anderen waren vorher bei Schöneiche landeinwärts vor den Russen weggekommen.

Als wir in Hohenbrück morgens den 6. März ankamen, machten wir auf der Mühle Rast. Da kamen zwei Frauen, die sagten: „Hammer ist seit gestern Mittag von den Russen besetzt! Nun war bei unseren polnischen Arbeitern kein Halten mehr. Sie spannten an und im Trapp gings Richtung Hammer. Wir hatten die Macht über sie verloren.

Auf dem halben Weg bekam ich den Treck zum Stehen und redete auf die Polen ein. Einer nach dem anderen sagte: “Opa ich gehe mal an die Chaussee und will mal sehen, was los ist. Sie hauten ab und kamen nicht wieder.

Nun glaubte ich, sie würden uns verraten, aber das haben sie nicht getan. Wir blieben nun im Wald in einer Tannenschonung am Gubenbach.

Nächsten Morgen (7.3.) ging ich mit Tramp zusammen nach Hohenbrück. Da waren 2 russische Posten, die uns alles abnahmen und dann sagten: Nach Haus! Nun ließen sie uns wieder in den Wald gehen.

Dann wollte ich das erste Mal sehen, wie es in Hammer aussah. Wir gingen mit vier Mann auf Erkundung, wurden aber an der Chaussee gleich von Russen empfangen, die uns aber weiter gehen ließen bis zum Forstgut.

Dort lag das russische Generalkommando. Als wir unser Anliegen vorbrachten, ob wir wieder ins Dorf einziehen könnten, sagte ein Oberleutnant: „ Nein, hier zuviel Militär, in ein anderes Dorf“. Wir hatten auch erkannt, dass er recht hatte, denn so weit man sehen konnte, war weiter nichts als Militär. Der Russe war über RothenfierKantreck in Hammer auf die Chaussee gekommen, hatte sich gesammelt und dann den Angriff vorgetragen.

Wir mussten nun versuchen, wieder in den Wald zu kommen, mussten von den Russen gedrängt, immer wieder zur Erde und die mit dem Ruf: “Uhr“ mit dem Bajonett auf uns. Ich war der Letzte, alles hatten sie uns abgenommen; noch im Walde wurde ich meine Stiefel los. Es war ein gutmütiger Kerl. Als er die Stiefel angezogen hatte, meinte er: „Gut, gut ich laufen nach Berlin, du laufen nach Moskau!“ Dann fing er an zu tanzen. Ich machte, dass ich im Wald verschwand.

Die folgende Nacht (auf den 8.3.) blieben wir noch in unserem Versteck. Nächsten Morgen wollten wir nun mit dem Treck nach Hohenbrück, denn ich hatte Angst, wenn uns der Russe im Dunkeln im Wald antraf, dass er mit dem M.G. dazwischen hielte.

Bei der Försterei Elsenau erwischte uns eine russische Offiziers-Patrouille, und mit Gebrüll, mit vorgehaltener M-P riefen sie: „Volkssturm, Uhr, Ringe.“ Alles wollten sie haben! Es ging noch verhältnismäßig ehrlich zu. Die Russen sagten, wir sollten uns in Hohenbrück Auf der Försterei waren schon welche von Amalienhof. einquartieren.

Ein Teil von uns blieb auch da. Ich und der Arbeiter Otto Schmeling, dazu gegen 25 Frauen und Kinder, mussten weiterfahren nach dem Dorf Hohenbrück. Wie wir hinfuhren, schoss der Russe mit Brandmunition die Häuser beim Gasthof in Brand. Da wussten wir, was los war.

Wir fuhren auf den Hof des Ortsbauernführes. In der Küche waren 10 Russen, die frühstückten. Ich wurde eingeladen, machten Ei und Zucker zusammen. Dann aber ging es los, ein Sturm auf unsere Wagen. Hier wurden wir erleichtert. Die Nacht war fürchterlich. Frauen und Mädchen wurden vergewaltigt.

Ich hatte in einer Stube wie tot geschlafen. Als ich noch im Bett lag, kamen die Frauen und meinten, dass wir hier unmöglich bleiben könnten.

Als ich nun raus kam, bekam ich einen Stoß in den Rücken und ab mit mir in die Speisekammer. Der Russe, ein blutjunger Kerl, hatte ein 40 cm langes Schlachtermesser und fing an, auf einem Steinpott anzustreichen; dann kam er ran, eine Hand am Hals, in der anderen das erhobene Schlachtermesse. „Uhr her“ sagte er. Ich erklärte ihm, die Uhr hätte schon ein Kamerad. Er ging zurück, zog den Revolver und legte an. Ich nahm meine Hände, so wie ich es als Kind gelernt hatte. Der Russe ließ den Revolver sacken und ging raus.

Die Pferde hatten sie uns bis auf 6 genommen.

Nun wurde angespannt und wir fuhren durch die Russen hindurch aus dem Dorf. Auf jedem Gehöft lagen Russen, die machten Zielübungen auf uns, aber sie schossen immer drüber weg. Es ging alles gut.

Wir fuhren wieder in den Wald, auf unsere alte Stelle. Hier haben wir dann etwa 10 Tage ausgehalten.

Es war kälter geworden, Schneetreiben, die Pferde hatten Kropf, die Kinder Husten, die Spannung war fürchterlich. Des nachts die Schießereien, die Kämpfe, das Fahren der Panzer, das Leuchten von Scheinwerfern und die Brände rundherum. Aus der Traum!

Als wir nun auf die Chaussee kamen, fuhr gerade der russische Kommandant von Hammer vorbei; er winkte, dass wir kommen sollten. Nun ging das Fragen los, er suchte den Müller Marquardt. Nach Hammer durften wir nicht reinfahren, aber zu Karls, meines Sohnes Siedlung in Lüttmannshagen ließ er uns hin. Wir kamen auch gut an, die Frauen und Kinder gingen immer voran.

In Lüttmannshagen waren keine Einwohner mehr, nur Versprengte. Tagsüber besuchten uns die Russen, auch kamen jetzt polnische Soldaten. Hier nahmen die Russen meine letzten Pferde und ließen ein paar alte Zigeuner dafür stehen.

Am Mittwoch vor Ostern( 28.3.) kamen die Polen und befahlen: “In 20 Minuten fertig“! Der Offizier der Bande vergewaltigte noch erst eine junge Frau und dann gings weg mit uns. In Hammer wurden alle Deutschen gesammelt. Der Pole hatte nun schon von unserer Heimat Besitz genommen.

Am Mittag gings weiter nach Pribbernow, wo übernachtet wurde. Am Morgen weiter in Richtung Gülzow; es war ein langer Sammelzug. In diesem Zug war auch Frau von Köller-Kantreck, auf dem Wagen eines Siedlers von Matthiashof; von Köller war bereits von den Russen erschossen worden.

Es war schon dunkel, als wir in Klemmen ankamen. Hier verließen uns die Polen, und wir waren wieder in den Händen der Russen.

Die Russen holten sich jetzt alle Männer von den Wagen, und sie wurden verhaftet.

Meine Frau gab dem russischen Posten eine goldene Uhrkette. Wir hielten gerade an dem Weg nach Drewitz, benutzten dann den Moment und fuhren nach Drewitz.

Hier war eine Beise(Base?) von Schminz von den Russen als Bürgermeister eingesetzt. Wir kamen gut unter, aber am nächsten Morgen war der Teufel los.

Ich war bei den Pferden in der Scheune, ein russischer Hauptmann und zwei Mann, ganz wild, holten uns raus. Alle mussten auf der Straße antreten. Dann wurde Otto Schmeling und ich rausgenommen, auf den anderen Hof geführt, so dass uns alle sehen konnten und beide vor dem Dunghaufen aufgestellt.

Der Hauptmann zog den Revolver; ich glaubte, nun sei es aus. In dem Moment kam meine Frau, fasste ihn an dem Arm und sagte: “Warum denn totschießen?“ Er nahm den linken Arm und haute sie vor die Brust, so dass sie rundum kugelte. Er wollte wieder anlegen, da war sie wieder da und fasste ihn am Arm. Nun ließ er den Revolver sacken und sagte: “Du deutsche Frau?“ Sie sagte: “Ja.“ Er sagte: „Mitkommen!“ Er ging mit ihr auf den Scheunengiebel und da krachten zwei Schüsse. Ich glaubte, dass er sie erschossen hätte, bei uns stand der Posten.

Aber da kam meine Frau auch schon in Begleitung des anderen Postens und zeigte auf mich. Musste dann vor meinem Treckwagen spannen und auf den Hof fahren und alles wurde untersucht; doch es ging gut. Schmeling wurde mitgenommen, aber zu Ostern war er wieder da.

Hier waren wir an die acht Tage.

Da bekam ich den Befehl, ich sollte ein Fuhrwerk stellen und mit einem Viehtransport mit nach Polen.

Auch Frauen und Mädchen sollten mit. Nun war guter Rat teuer. Ich ging ins Haus und sagte: “Sofort packen!“; in einer halben Stunde fahren wir los“. Versuchte jetzt, über Böck nach Hause zu kommen. Ich war auch dem Transport voraus, aber im Walde auf der Naugarder Straße, Abzweigung Kantreck, machten wir Halt, denn die Pferde waren weiß vor Schaum. Da hat uns doch ein polnischer Reiter nachgespürt, und ich denke, na nun ist es passiert. Er reitet die Reihe entlang und mustert die Pferde, kommt zurück, und ich muss wieder mein bestes Pferd gegen einen alten Gaul hergeben. Aber wir fuhren dann doch weiter.

Aus Hammer hatten wir noch drei Wagen, außerdem noch Otto Kühl-Matthiashof und Franz Kühl-Dischenhagen. Etliche mit Hand- und Kinderwagen. Nun musste ich die Wagen rücken, denn das Reitpferd zog nicht. Unter diesen Umständen kamen wir gegen Abend in Kantreck an.

Hier ließen uns die Russen nicht durch. Was tun? Zurück ging es nicht, in Hammer wurden von den Russen Artilleriestellungen gebaut. Alle anderen fuhren noch in der Nacht zurück. Die aus Hammer(außer Raddü), die blieben über Nacht auf der Viehkoppel in Siegelkow. Nächsten Morgen sind wir dann über Babegatz-Lüttmannshagen nach Hause gefahren.

Meine Frau war vorausgegangen und hatte uns bei dem Kommandanten angemeldet. Als wir dann auf dem Hammer Feld, da bei Lüttig aus dem Wald kamen, wurden wir von den Russen empfangen, aber uns sonst nichts zuleide getan.

Wir fuhren alle auf meinen Hof und haben in der Scheune gewohnt; im Hause waren die Russen.

Die nächsten Tage mussten Schmeling und ich in der Mühle arbeiten, die Frauen mussten in der Mühle und auf der Chaussee die Löcher dicht machen.

So um den 15. April wurde ich als Pg. von den Russen verhaftet, kam nach Stregow-Siedlung in den Kartoffelkeller. Wir kamen abends an; im Keller waren schon acht Russen und ein deutscher Gendarm in Zivil.

Hier war ich eine Woche. Sonntags morgens hieß es: „Alles mitnehmen“. Die Russen hatten einen Wagen, Hühner drauf und zwei Kühe hinten angebunden, und nun gings los. Der Gendarm und ich hinter dem Panjewagen zu Fuß in Richtung PribbernowHammer. Als wir in Hammer ankamen, fuhren sie auf meinen Hof, ich konnte meine Frau sprechen und wir haben Kaffee getrunken; auch konnte ich noch warme Kleidung anziehen. Dann gings weiter nach Gollnow bis Blankenfelde. Es war Abend, als wir ankamen und wieder in den Kartoffelkeller. Nächsten morgen, ohne zu essen, mit dem Auto wieder zurück nach Gülzow; von da zu Fuß nach Wildenhagen. Hier war die Hauptsammelstelle der Pgs. Und die Stelle, wo die Entscheidung fallen sollte, ob Abtransport nach Osten.

Nach acht Tagen, es war wieder Sonntag morgens, wurde ich entlassen. Die Verhöre waren furchtbar, ein Verhör vier Stunden. Da brach ich zusammen; auf einer Fläche 4 mal 5 m waren wir 42 Mann.

Ich kam am Sonntag Abend zu Hause an. Mein ganzer Hof lag voll von Russen und Polen; es ging jetzt der Aufmarsch nach Berlin los. Ich wurde nun wieder von den Russen als Bürgermeister eingesetzt.

In derselben Zeit, als ich verhaftet worden war, wurde auch Karl Raddü von den Russen in Böck verhaftet. Er wurde ohne Verhör auf dem Gutshof erschossen und dort gleich begraben.

Ich glaube, es kommt auf das Konto von Hans Wolf, der war nämlich von den Russen als Bürgermeister eingesetzt, und alle ihm Unangenehmen konnte er mit ihrer Hilfe erledigen. Mir wäre dasselbe passiert, aber ich war nun aus seinem Bereich heraus.

Von den Russen waren ja nun als Bürgermeister alle Kommunisten eingesetzt, da kannst Du dir denken, dass ich einen schweren Stand hatte.

Bei unserm Kommandanten war ich gut angesehen, trotz aller Verleumdung. Er erklärte mir: „Du guter Mensch, warum totschießen.“ Als wir von den Polen ausgetrieben wurden, wollte er mich dabehalten, ich lehnte ab.

Am 25. Juni 1945 erhielten wir dann von den Polen den Befehl, dass wir jeden Tag ausgewiesen werden könnten.

Am 28. Juni kamen sie und trieben uns aus; in nur 20 Minuten mussten wir fertig sein, könnten alles mitnehmen, was wir wollten, sagten sie. Und dann ging es los, wir mussten in die Scheune von Klütz und da wurde alles Gepäck durchsucht. Was ihnen gefiel, wurde geklaut, sogar die Stiefel und Schuhe waren nicht sicher. Wagen und Pferde ließen sie uns vorerst noch zum Fahren nach Stepenitz. Ich durfte aber nicht auf den Wagen, sondern musste nebenher laufen; wir hatten auch noch ein paar Kühe hinten angebunden.

Dischenhagen war schon einen Tag früher mit Harmstorf und Basenthin auf Umwegen nach Stepenitz gebracht worden. Da hatten die meisten, besonders die Frauen, nur noch Lumpen um die Füße.

Als wir gegen Abend, den 28.Juni, in Stepenitz waren, die Kühe hatten die Polen bereits abgeschnitten, mussten wir unser Gepäck beim Strandhotel über den Zaun werfen. Unsere Gespanne wurden von den Polen weggefahren. Es wurde auch noch gefragt, wer dableiben wollte; selbige könnten mit nach Zarenthin zum Arbeiten.

Wir kamen dann in den Garten des Strandhotels, keiner durfte ihn verlassen, sonst würde er erschossen. Bei Regen verbrachten wir die Nacht unter den Bäumen.

Am frühen Morgen kamen die Polen. Ich wurde aufgerufen. „ Sind Sie Bürgermeister gewesen?“ „Ja“ „ Waren Sie in der Partei?“ „Ja.“ „Haben Sie Polen beschäftigt?“ „Ja.“ Das langte! Da war auch schon ein Pole hinten und einer vorn mit dem Spieß und auf jeder Seite einer mit einem Ochsenziemer. Ich hatte mit der Welt abgeschlossen, denn nach dem Benehmen der Polen sollte ich gehängt werden. Am Abend bekam ich die erste Ladung; mit mir war noch einer aus Ganserin in der Zelle. Das Gefängnis war die frühere Jugendherberge. Sie schlugen mit allen erdenklichen Gegenständen bis zur Bewusstlosigkeit auf mich ein.

Nach zwei Tagen mussten die Ausgetrieben dann wieder auf den Marsch nach Langenberg, zum Teil durch Wasser. Meine Frau war stur, die ging nicht mit; sie hatte gesagt, sie könne den Weg nicht machen. Sie war wiederholt beim polnischen Kommandanten und wollte sehen, was aus mir würde. Man erklärte ihr: “Ihr Mann soeben erschossen.“ Da hatte sie um die Leiche gebeten. Erst dann sagte man ihr: „Nein, nein.“

Den zweiten Tag im Gefängnis kamen wir beide dann mit anderen zusammen in die große Stube. Es waren gegen 20 Mann, es war die Hölle. Der größte Teil konnte bald über die Oder, wir blieben noch mit 7 Mann.

Auch der Bürgermeister Passoth, ich glaube von Ganserin, war dabei. Der wurde totgeschlagen und gleich im Garten vergraben. Hans Flemming, Gärtner in Stepenitz hat ihn begraben. An Flucht war nicht zu denken. Zwei Mann waren vom Gallberg, die hatten versucht, über die Oder zu kommen; das Boot schlug um , einer ertrank, den anderen erwischten die Polen. Wenn die deutschen Frauen sich nicht für den eingesetzt hätten, dann hätten sie den auch erledigt.

Für uns andere war es jetzt noch schlimmer. Bei den meisten war das Gesäß ein Geschwür, so dass der Eiter aus den Hosen kam. Und wenn wir dann auf dem Bauch lagen, saßen wir total voller Fliegen. Vier Mann konnten nur noch gehen. Wir vier, dabei war auch ich, mussten, sobald der Morgen graute, dann in der Ernte mitarbeiten. Aber es war für uns schon besser, als immer im Gefängnis zu sitzen.

Schlimmer noch als das Militär gebärdeten sich die Zivilisten. Auf den Straßen, wenn wir geführt wurden, hieß es nur immer: „Partisanen, Partisanen.“ Die Brüder hätten uns zerrissen, wären nicht die Posten bei uns gewesen.

Auch Hans Wolf spielte hier eine große Rolle. Er war auf seiner Wirtschaft in Stepenitz und war als Bürgermeister und Bauernführer zu allen Taten fähig. Seine Frau war sich sicher, dass sie nicht an die Polen und Russen ausgeliefert würde.

Mitte August wurde das Schlagen verboten.

Hans Flemming und ich kamen zu der Frau Horn auf dem Mühlberg; hier hatten wir einen Kuhstall für das polnische Bataillon zu bauen. Bekamen 25 Kühe zu betreuen. Er hatte den Hofdienst und ich habe die Kühe gehütet. Wir konnten uns auch sonst frei in Stepenitz bewegen. Das Essen bekamen wir vom Bataillon. Am 1. Oktober zog dasselbe ab.

Da bekam ich noch vier Kühe im Stall zu füttern und Flemming musste so herum arbeiten.

Am 10. November zog auch dieser letzte Teil vom Bataillon ab. Nun war ich praktisch brot- und arbeitslos und ging zur Bürgermeisterei, dass ich über die Oder wollte.

Weil ich elend genug aussah, bekam ich nach drei Tagen meine Entlassung, mit dem Bescheid, dass ich rüber gehen könnte, um meine Familie zu suchen. Alle Behörden sollten mich ungehindert reisen lassen, gegebenenfalls unterstützen. Wenn ich meine Familie nicht fände, könnte ich wieder nach Polen zurück kommen!

Ich bin dann Sonntags mit einem Fischer über die Oder gefahren. Meine Frau war in Stepenitz bereits 3 Tage nach der Austreibung von den Polen über die Oder gebracht worden. Es war der 15. November 1945. Ich fand sie bald in Zerrenthin bei Pasewalck.

Karl Goblet ( Pribbernow) war in der Scheune von Professor Schäfer, dabei sind in Pribbernow noch mehr gewesen, die mussten raus kommen und sind sofort durch Kopfschuss erledigt worden. Bürgermeister Arndt- Rackitt soll in seinem Schweinestall umgekommen sein.

Frau Goblet hat sich im Jeserich ertränkt.

Amtsvorsteher Radloff in Pribbernow ist erschossen worden.

Frau Kreisinspektor Wegner und Frau Meinshausen (Cammin) kamen im Mai zurück.

Die Frau vom Ortsbauernführer in Moratz war zum Viehtreiben mitgenommen worden.

Ich hatte bei den Russen für Verpflegung für die durchwandernden Deutschen zu sorgen, musste laufend backen. Mehl bekam ich aus der Mühle, geschlachtet wurde von dem zusammengetriebenen Vieh, was nicht mehr laufen konnte.

Wir hatten bereits 50 Morgen Kartoffeln gepflanzt, 20 Morgen Sommerkorn gesät und waren im Heu. 200 Morgen Wiesen waren bereits gemäht, gegen 20 Fuder eingefahren. Der Rest ist dann wahrscheinlich verfault.

In Kantreck haben sich gegen 20 Personen ertränkt, in Amalienhof dieselbe Anzahl erhängt.

Eggert war auch in Stepenitz mit dem Dampfer rübergegangen, hat sich dann später erhängt.

Schultich kam noch am 4. März durch Hammer, war noch bei mir. Forstmeister Martinus (Hohenbrück) war auch geblieben, ist aber jetzt im Westen.

Willi Möhring wohnt in Sorzum bei Hildesheim.

Direktor Wangerin ist in Greifswald wieder im alten Fach tätig.


Als Kind im Bombenkrieg und Flucht aus Pommern

Marianne Pletzer, Geburtsjahrgang 1935, verstorben im Mai 2002

Mein Vater wurde sofort bei Ausbruch des Krieges eingezogen und war später in Frankreich stationiert. Als etwas Schlimmes konnte ich mir in diesen Tagen den Krieg nicht vorstellen. Als mein Vater auf Urlaub kam und herrliche Dinge aus Frankreich mitbrachte, dachten wir Kinder, es würde so weitergehen. Aber die ersten Fliegeralarme und Luftangriffe auf unsere Heimatstadt lehrten uns ganz schnell zu begreifen, dass der Krieg etwas Schreckliches, Bedrohliches war. Mein Vater war inzwischen an die Ostfront verlegt worden. Es kamen keine Päckchen mit Bohnenkaffee mehr, und auch auf Briefpost von ihm mussten wir sehr lange warten. Die Nachbarin, die oft auf uns Kinder aufpasste, erhielt schreckliche Post, so dass meine Mutter sie im Arm hielt und trösten musste. Ihr ältester Sohn war gefallen! Als dann wieder so eine schreckliche Nachricht kam, klingelte die Briefträgerin erst bei uns, damit meine Mutter mitgehen konnte, um diese erneute Schreckensnachricht zu überbringen. Der zweite Sohn war gefallen. Für uns wurde nun der Luftschutzkeller zur zweiten Wohnung. Fast jede Nacht war Fliegeralarm. Meine Mutter schickte uns Kinder sehr früh am Abend schlafen, sie selbst blieb auf, um uns beim ersten Heulton der Sirenen zu wecken. Dann hasteten wir über unseren dunklen Hof zum Nachbargrundstück, wo der Keller als Luftschutzraum hergerichtet war. Meine Mutter schleppte unseren jüngsten Bruder, wir Größeren trugen kleine Handgepäckstücke. Im Luftschutzkeller trafen wir dann bekannte und unbekannte Nachbarn. Die größeren Kinder saßen mit weißen, verschlafenen Gesichtern neben den Müttern, die kleinen weinten vor sich hin. In den meisten Fällen kam nach einiger Zeit die Entwarnung, und wir kehrten in unsere Wohnung und unsere Betten zurück. Aber nicht immer flogen die Verbände der Alliierten über Stettin hinweg. Immer häufiger wurde auch unsere Heimatstadt bombardiert. Im Frühjahr 1942 erlebten wir dann einen ganz schlimmen Angriff. Es begann wie so oft und nicht anders als sonst. Alarm nach 22 Uhr, der dunkle Himmel von grellen Scheinwerferfingern erhellt, die nach den Fliegern suchten. Wir hatten unseren Schutzraum noch nicht erreicht, da fielen die ersten Bomben. Die Luftschutzwartin scheuchte uns alle in den Keller, wir saßen kaum, da detonierten die ersten ganz in unserer Nähe. Wir waren alle starr vor Angst! Ich schaute immer auf die vielen Leitungen, die den Keller durchzogen, hatte ich doch in Gesprächen mitgehört, dass solche Leitungen bei Bombardierungen geplatzt waren. Es waren Wasser- und Gasleitungen. Das Licht im Keller flackerte, und wir horchten alle auf die Einschläge. Dann plötzlich ein schrecklicher Pfeifton, und das Licht erlosch. Die Kellerluft war voller Staub, und man konnte kaum atmen. Jetzt sind wir verschüttet, dachte ich voller Entsetzen. Dann leuchteten Taschenlampen auf. Mann sah aber vor Staub kaum den Lichtkegel. Plötzlich bekamen wir nasse Tücher um die Ohren geklatscht, die sollten wir uns vor Mund und Nase pressen. Es herrschte Panik in dem Keller! Nach einer uns endlos vorkommenden Zeit ging das Licht wieder an, und wir erfuhren von der Luftschutzwartin, dass unser Häuserblock noch heil war. Ganz in der Nähe war eine Luftmine heruntergekommen und hatte eine ganze Tankstelle weggerissen. Es dauerte lange in dieser Nacht, bis endlich Entwarnung war. Als wir dann in unsere Wohnung zurückkamen, sah es dort verheerend aus. Kaum eine Fensterscheibe war noch heil. Die Lebensmittel waren aus dem Küchenschrank gefallen, und alles war voller Scherben. Es war für uns furchtbar.

Diese Schlimme Nacht hatte zur Folge, dass meine Mutter beschloss, von nun an bei Alarm den großen Bunker am Ende unserer Straße aufzusuchen. Der kleine Bruder kam dann in die Sportkarre, mit der auch die Tasche transportiert werden konnte. Es ging nun immer im Laufschritt. Manchmal fielen in anderen Stadtteilen schon die Bomben, bis wir endlich den schützenden Bunker erreicht hatten. Bei den schweren Angriffen bebte der Koloss, dass es einem vor Angst ganz schlecht wurde. Aber im Bunker fühlten wir uns doch viel sicherer als im Keller.

Auch an meinem ersten Schultag mussten wir einen Luftschutzbunker aufsuchen. Am hellen Tage gab es selten Alarm, dafür aber fast Nacht für Nacht. Das ging natürlich sehr an unsere Gesundheit, so dass wir Kinder häufig krank waren. Vor allem die Kinderkrankheiten grassierten. Es gab auch wenig Ärzte, die meisten waren zum Militär eingezogen.

Da das Leben in Stettin wegen der Bombengefahr zu gefährlich wurde, wurden wir im Sommer 1943 nach Ducherow bei Anklam evakuiert, wo ich weiter die Schule besuchte. Tagsüber überflogen uns oft feindliche Flieger. Man hörte ihre Motoren und konnte sie in großer Höhe sehen. Mehr als einmal versteckte sich unserer Mutter mit uns Kindern in großen Strohmieten auf den Feldern.Dann wurde Anklam am hellen Vormittag ganz überraschend bombardiert, und die Aufregung und Panik drang bis in unser Dorf.Meine Mutter hatte endgültig die Nase voll und reiste mit uns Kindern zurück nach Stettin. Im Februar 1944 wurden wir erneut evakuiert, diesmal auf einen großen Bauernhof in Schulzenhagen, einem Ort zwischen Kolberg und Köslin in Hinterpommern. Wir fühlten uns zwar zunächst fremd, aber merkten sofort, dass wir hier willkommen waren und diese Menschen uns unser Schicksal erleichtern wollten. Meine Mutter verstand sich auf Anhieb mit der Bäuerin, Frau Gödicke. Ich besuchte hier die Dorfschule. Das war ja nun etwas ganz Neues für mich: Alle acht Schuljahrgänge waren in einer Klasse versammelt! Die kleinen ABC-Schützen saßen vorne in der ersten Reihe. Ganz hinten saßen die großen Kinder. Manche der großen Jungen waren größer und stärker als unsere Lehrerin, die sich sehr streng gab und uns bei kleinsten Ungehörigkeiten mit dem Lineal auf die Finger schlug.

So langsam kehrte in Hinterpommern der Frühling ein und eine wunderschöne Zeit begann für mich. Keine Spur vom Krieg! Noch nie hatte ich mich so wohlgefühlt, wie hier in Schulzenhagen. Das Leben auf dem Bauernhof war das reinste Abenteuer! Der Bauer war als Soldat eingezogen, aber es gab vier ausländische Hilfskräfte, zwei Ukrainerinnen, Maria und Sina, einen Ukrainer, Willi, der das Vieh betreute, sowie den Polen Kasimir, der für die sechs Pferde zuständig war. Die Fremdarbeiter wurden durch die Bäuerin sehr gut behandelt, und man merkte auch, dass sie ihre Arbeit gerne machten. Das Leben auf dem Bauernhof war unbeschreiblich schön! Den Krieg konnte man fast vergessen, wenn nicht ab und zu Meldungen von schrecklichen Angriffen auf unsere Städte und über schwere Kämpfe an der Front gekommen wären. So erhielten wir zur schönsten Sommerzeit auch die erschütternde Nachricht, dass wir in Stettin total ausgebombt waren. Unsere Mutter fuhr nach Stettin und fand statt des Hauses nur noch einen Trümmerhaufen vor!

Nach den Sommerferien fing die Schule nicht wieder für uns an: Unsere Lehrerin war zum Kriegsdienst verpflichtet worden! Auch meine Mutter wurde zum Ausheben von Panzergräben eingezogen! Nun versorgte die Bäuerin meinen Bruder und mich mit. Abends, wenn Klaus und ich im Bett lagen und er sich an mich gekuschelt hatte und längst schlief, musste ich doch oft weinen! Mutter war weit weg von uns im Osten, Papa im Krieg und der ältere Bruder Rudi auf Rügen im nationalsozialistischen Jugendschulungslager.

Im Herbst kehrte meine Mutter endlich zu uns zurück. Uns wurde allen ganz bange, als wir von ihr hörten, die Gräben, welche sie ausgehoben hatte, sollten die russischen Panzer aufhalten. Elle Erwachsenen und auch wir Kinder waren von schrecklichen Vorstellungen geplagt. Schlimm wurde es erst, als mein Vater für ein paar Tage zu uns auf Urlaub kam. Mit eigenen Ohren hörte ich, wir er ganz eindringlich mit meiner Mutter sprach, sie solle sofort Rudi von Rügen zu uns nach Schulzenhagen holen. Und wenn die Russen in Ostpreußen durchbrächen, solle sie uns nach Stettin oder noch besser weiter westwärts in Sicherheit bringen. Mein Vater musste wieder zu seiner Einheit zurück, die auf dem Rückzug schon die Karpaten erreicht hatte. Meine Mutter fuhr Anfang November wirklich los, um Rudi zu holen und brachte ihn nach einigen Tagen tatsächlich mit nach Schulzenhagen.

Das Weihnachtsfest verlief noch relativ ruhig. Die Sylvesternacht war wohl mehr als unheimlich, denn die Oma vom Hof orakelte nachdem sie hinausgeschaut hatte: „Da steht uns aber ein schlimmes Jahr bevor, ist doch der Himmel rot und die Wolken eilen nur so dahin!“ Man brauchte aber kein Prophet zu sein, um Schlimmes vorherzusagen: Gleich im Januar ging es los! Das Jahr 1945 begann mit den ersten Flüchtlingswellen aus Ostpreußen! Die Bäuerin fuhr nun täglich zur Bahnstation nach Hohenfelde, die Milchkanne voller heißen Malzkaffees, den Kartoffelkorb voller belegter Brote. Die Züge, die aus Ostpreußen kamen, sahen verheerend aus! Meterlange Eiszapfen hingen daran und sie waren völlig überfüllt mit Flüchtlingen! Wenn ich mal nach Hohenfelde mitfahren durfte und das Schreckliche gesehen hatte, fand ich die ganze Nacht keinen Schlaf!

Im Februar rollten dann die ersten Flüchtlingstrecks auf unseren Hof. Nun brach hier das absolute Chaos aus! Jede Nacht schliefen fremde Menschen auf der Diele. Alle mussten versorgt und betreut werden, Menschen und Vieh! Fast alle Trecks ließen morgens bei der Weiterfahrt etwas von ihrem Gepäck auf dem Hof zurück, was sie für überflüssigen und entbehrlichen Ballast hielten. Es sah aus, wie in einem Warenlager. Das Schlimmste waren die Gespräche, die wir mithörten, von Gräueltaten der Russen unter der Bevölkerung, Angriffen auf die Trecks, unterwegs gestorbenen Älteren und Kindern. Und immer wieder das Wort: Vergewaltigung. Mir war so angst und bange zumute, ich kann es nicht beschreiben! Meine Mutter half tapfer mit, um das tägliche Chaos zu bewältigen.

Da kamen plötzlich Anfang März keine Trecks mehr, dafür hörten wir in der Ferne Kanonendonner! Meine Mutter packte wieder die bekannte Tasche mit unseren letzten Habseligkeiten. Es kam etwas Bedrohliches auf uns zu! Am Morgen des 3. März kam der Ortsbauernführer auf seinem Fahrrad auf den Hof, klopfte an die Fensterscheiben, und als geöffnet wurde, brüllte er hinein: „Keiner verlässt das Dorf!“ und war wieder verschwunden.

Als erste ging Frau Schiffner, die andere Evakuierte aus Stettin, mit ihren beiden Kindern an der Hand vom Hof. Sie trug einen Rucksack. Meiner Mutter und der Bäuerin sagte sie, sie habe genug Geld und wolle versuchen, von der nahen Reichsstraße aus nach Stettin mitgenommen zu werden. Wir haben sie nie wiedergesehen, und niemand weiß, was aus den dreien geworden ist.

Gegen Mittag, der Kanonendonner kam immer näher, ließ Frau Gödicke anspannen, um meine Mutter mit uns drei Kindern zur Bahnstation nach Hohenfelde bringen zu lassen. Der Ukrainer Willi lenkte die Pferde vom Hof. Vor lauter Tränen konnte ich die Zurückbleibenden kaum erkennen, und doch prägte sich das Bild, das ich sah, für immer in meine Seele ein: Frau Gödicke stand in der Haustür, beide Kinder umarmt, die Oma mit den Händen voller Einmachgläser, die man nun auch für die Flucht einpacken wollte. Aus der Scheune zogen Sina und Maria zusammen mit dem Polen den großen Leiterwagen heraus, um ihn für den Treck zurechtzumachen. Dieses geschah im absoluten Zeitlupentempo.

Nun rollten wir nach Hohenfelde. Schon von weitem sahen wir, dass der kleine Bahnhof voller Menschen war. Wir standen nun zwischen den vielen Leuten und warteten, dass endlich ein Zug käme. Am späten Nachmittag rollte auch tatsächlich ein Güterzug, der nur aus Loren bestand, heran. Alles stürmte auf den Zug, der im Nu voller Menschen war. Meine Mutter hatte in dem Gedränge große Mühe, uns zusammenzuhalten. Dann setzte sich der Güterzug langsam in Bewegung, und gleichzeitig begann ein schlimmer Schneesturm. Meine Mutter hatte zum Glück außer dem Handgepäck einen Sack voll mit Decken und Kissen mitgenommen. Eine der Decken holten wir heraus und hielten sie wie ein Zelt über unsere Köpfe. Der Zug rollte ganz langsam bis Henkenhagen, eine Station vor Kolberg. Hier mussten wir alle runter vom Zug, es ging nicht weiter, weil sich vor Kolberg die Züge stauten, alleine 22 aus Richtung Belgard. Auch hier das gleiche Bild: Alles schwarz von Menschen im und um das Bahnhofsgebäude. In der überfüllten Bahnhofshalle fanden wir in einer Ecke ein Plätzchen, wo wir uns hinkauerten und auch tatsächlich in einen unruhigen Schlaf fielen. Dann gegen Morgen, es war noch dunkel, kam plötzlich Bewegung in all die Menschen, die am Boden lagen. Alles stand auf und stürmte hinaus. Voller entsetzen sahen wir in der Ebene, Henkenhagen lag etwas erhöht, dass überall brennende Flecken waren! „Das sind unsere Dörfer, da, unser Dorf steht in Flammen“, so hörte man um sich herum die Leute schreien. Es war furchtbar! Ich dachte an die zurückgebliebenen armen Menschen in Schulzenhagen. Ein Grauen beschlich mich.

Im Morgengrauen wurde ein Zug nach Kolberg eingesetzt. Dort mussten wir alle das Bahnhofsgebäude verlassen. Über Tote hinweg, die in der Bahnhofshalle lagen, liefen wir hinaus zu einer in der Nähe des Bahnhofs gelegenen Gaststätte. NSV-Schwestern reichten uns warme Getänke, und meine Mutter wollte uns gerade das zweifach übereinander gezogene Zeug ausziehen, da hieß es plötzlich: Alle schnell wieder zum Bahnhof! Es fährt noch ein Zug in Richtung Westen, dann wird Kolberg zur Festung erklärt. So schnell wir konnten, eilten wir, schon unter Beschuss von See her, zum Bahnhof zurück. Dort stand tatsächlich ein Zug bereit. Aber was für ein Zug! Er bestand nur aus dachlosen Wagen, ganz vorne, gleich hinter der Lok, ein Personenwaggon. In diesen durften nur Schwangere und Mütter mit ganz kleinen Kindern einsteigen. Meine Mutter kletterte mit uns in einen der Wagen, und es dauerte nur wenige Minuten, da setzte sich der Zug in Bewegung und fuhr aus Kolberg hinaus. Der Wagen, in dem wir kauerten, war ganz voller Menschen. Man konnte sich gerade etwas hinsetzen, aber weder hinlegen oder gar umhergehen.

Nun begann eine fast endlose Fahrt. Immer wieder stand der Zug stundenlang still, es schneite auf uns herab, es fror nachts, und uns war entsetzlich kalt. In der Ecke des Waggons stand ein leerer Kinderwagen, in ihn stopfte meine Mutter unseren Bruder Klaus. Er lag zwar ganz gekrümmt darin, aber die Kissen, die wir auf die Flucht mitgenommen hatten, hielten ihn warm. Hinter einer hochgehaltenen Decke musste man auf einem Eimer sein kleines oder großes Geschäft machen. Der Inhalt des Eimers wurde einfach über die Wände nach draußen geschüttet. Es waren ganz schlimme Zustände!

Das Wenige, was wir zum Essen mitgenommen hatten, war bald all und es kam der schlimme Durst! Die größeren Jungen, die in unserem Waggon waren, kletterten manchmal hinaus, wenn der Zug wieder stundenlang stillstand. Das war sehr riskant, niemand wusste, wann es weiterging. Und doch kamen sie mit Wasser und manchmal sogar mit Milch wieder bei uns an: Wie ein Wunder war es, dass wir keinen der Jungen verloren haben. Die Kinder bekamen dann alle etwas Milch, und etwas wurde noch aufgehoben. Der Rest war dann am Morgen zu Eis gefroren, woran wir nur lutschen konnten.

Je näher wir nach Stettin kamen, desto gefährlicher wurde es für uns. Über unseren Köpfen tobten regelrechte Luftkämpfe. Tiefflieger schossen auf unseren Zug herab, und mehr als einmal hatte ich mich in diesen Tagen aufgegeben! Den Kopf gegen die Waggonwände gepresst, die Augen geschlossen, so wartete ich, dass der Tod käme. Aber manchmal täuschten wir uns auch, glaubten, wir würden angegriffen, aber die Tieffliegerangriffe und Bombenabwürfe galten der in unserer Nähe vorbeiführenden Straße. Dort staute sich das Militär auf dem Rückzug. Bei einem der Angriffe gerieten die beiden letzten Waggons unseres Zuges in Brand. Sie wurden schnell abgekoppelt. Ob es dabei Tote und Verletzte gab, war für uns nicht zu erfahren.

In der Nacht setzten die feindlichen Flieger sogenannte Christbäume über unseren Köpfen ab, Markierungen für die folgenden Angriffe. Inzwischen war im Nachbarwaggon ein alter Mann gestorben. Seine Angehörigen wollten ihn nicht zurücklassen und banden ihn mit Stricken außen an den Waggon. Es war schaurig!

Für meine Mutter stand nun fest, dass sie diesen schrecklichen Zug in Stettin verlassen musste. Sie wollte mit uns zu Tante Grete, die noch in ihrer Wohnung in Braunsfelde war.

Am siebten Tag unserer Flucht erreichten wir morgens Stettin. Langsam fuhr der Zug über die Oderbrücke. Soldaten bewachten die an der Brücke befestigten Sprengladungen. Wir standen alle bereit, um, wenn der Zug hielt, irgendwie herauszukommen. Die jungen Burschen wollten versuchen, die Verriegelung außen aufzumachen. Der Zug wurde langsam und langsamer. Wir fuhren in den Hauptbahnhof ein. Militär und SA-Leute bevölkerten den Bahnsteig. Als die den am Waggon hängenden Toten sahen, drehten sie sich mit dem Rücken zum Zug. Wir warteten, dass der Zug halten würde – da heulten die Sirenen: Fliegeralarm! Der Zug nahm wieder Fahrt auf und verließ den Bahnhof und Stettin. Nun fuhr der Zug stetig weiter. An den Ortsnamen erkannten die Erwachsenen: Es ging in Richtung Greifswald. „Dort steigen wir auf alle Fälle aus“, sagte meine Mutter, „von dort schlagen wir uns nach Rügen durch. Mir war inzwischen alles egal, hatte ich doch starke Schmerzen am linken Fuß, konnte die Zehen nicht mehr bewegen.

Als wir in Greifswald ankamen, war wieder Militär auf dem Bahnsteig. Keiner durfte den Zug verlassen, aber wir wurden erstmals mit warmen Getränken und belegten Broten versorgt. Dann ging die Fahrt weiter. Stunden später, es war der siebte Tag unserer Flucht, erreichten wir einen Ort mit dem Namen Grevesmühlen. Hier wurden wir offenbar schon erwartet. Auf dem Bahnsteig standen viele Hitlerjungen in Uniform mit Handwagen bereit, um uns und unser Gepäck in eine Schule zu bringen. Mich durften sie gleich mit aufladen, konnte ich doch keinen einzigen Schritt mehr gehen.

In der Schule, in der man uns unser Lager auf Stroh angewiesen hatte, stellten wir fest, dass eine Familie aus Schulzenhagen mit dabei war, eine Frau mit ihren zwei 15- und 11jährigen Jungen. Die Frau war zusammen mit meiner Mutter zum Ausheben der Panzergräben eingesetzt gewesen. Es waren auch Evakuierte aus Stettin dabei. Nun gab es wenigstens einige bekannte Gesichter in der Fremde!

Erst einmal kümmerte man sich um meinen Fuß. Der Schuh wurde aufgeschnitten, auch die zwei Strümpfe. Darunter kam ein entsetzlicher Anblick zum Vorschein! Die Zehen waren eine aufgequollene, weiße, wabbelige Masse! Nun wurde ich schnell zu einem in der Nähe wohnenden Arzt transportiert. Als der die Zehen sah, sagte er nur ein Wort: „Amputieren!“ Das nahm meine Mutter aber nicht hin, sondern mit ungeahnter Energie nahm sie mich wieder mit zur Schule. Am selben Tag wurden wir in der Siedlung am Tannenberg zur Familie Tanger in ein Privathaus eingewiesen. Dort legte man mich erst einmal auf das Sofa der Familie in die Wohnküche. Gegen Abend kamen zwei Krankenschwestern, die auch bei Familie Tanger einquartiert waren, von ihrem Dienst im Notlazarett nach Hause. Als erstes untersuchten sie meinen Fuß und kamen mit einer großen Tube Lebertransalbe wieder, womit sie die Zehen behandelten. Nun wurde der Fuß täglich neu verbunden, und tatsächlich fühlte ich nach einiger Zeit wieder Leben in den fast abgestorbenen Zehen: Es kribbelte und juckte! Einen großen Schmerz musste ich noch ertragen, als eines Tages mit einer strammgezogenen Binde die Zehen neu eingeteilt wurden. Aber danach ging es bergauf! Anfang Mai, als sich der endgültige Zusammenbruch des Dritten Reiches ankündigte, konnte ich das erste Mal wieder nach draußen in den Garten gehen. Ein glücklicher Zufall hatte mir meine Zehen erhalten und mich vor einer lebenslangen Behinderung bewahrt!

In dem kleinen Siedlungshaus war jedes Zimmer belegt. Meine Mutter hatte für sich und drei Kinder eine kleine Kammer zugewiesen bekommen. Unter einer Dachschräge standen zwei Betten hintereinander, in denen wir zu viert schliefen. Zur Familie Tanger gehörten zwei Jungen, fünfzehneinhalb und zwölf Jahre alt. Der Ältere arbeitete bereits und erzählte nach Feierabend von den neuesten Parolen, nun werde nämlich die Wunderwaffe eingesetzt. Wir warteten jedoch vergeblich darauf. Dafür kamen nun täglich mehr Soldaten auf dem Rückzug durch Grevesmühlen und mit ihnen die Tiefflieger. Ich war gerade mit Horst Tanger im Garten, da tauchten plötzlich die Flugzeuge hinter den Baumwipfeln des nahen Waldes auf. Wir schafften es nicht mehr bis zum rettenden Haus. Flach auf der Erde liegend, warteten wir den Angriff ab. Er galt aber dem Militär auf der Straße. Anschließend rannten wir schnell in das Haus. Die anderen Bewohner saßen alle auf der Kellertreppe. Nun fielen auch noch Bomben. Das Eingemachte klirrte in den Regalen, und wir hatten mal wieder Todesangst! Aber es ging alles glimpflich ab.

Dann hörte man Gewehrgeknatter. Die Straße war menschenleer! Als wir vorsichtig aus dem Fenster schauten, wehten hier und da weiße Fahnen aus den Fenstern, es waren meist Tischtücher und Bettlaken. Es dauerte aber noch Stunden, da sahen wir plötzlich die Amerikaner. Ganz lässig saßen sie auf ihren Jeeps und schauten uns nicht unfreundlich an. Hin und wieder wurde noch geschossen, aber auch das war bald vorbei. Endlose amerikanische Militärkolonnen durchfuhren Grevesmühlen. Einige Fahrzeuge, sie wurden meist von Farbigen gesteuert, machten in den Anlagen vor dem Bahnhof halt und richteten sich dort erst mal ein.

Einige Tage später, es herrschte Anfang Mai 1945 schon eine große Hitze, marschierten endlose Kolonnen gefangener deutscher Soldaten durch Grevesmühlen. Sie waren so durstig und völlig verschwitzt, aber es war uns Anwohnern nicht erlaubt, ihnen etwas zu trinken zu geben. Am Stadtrand von Grevesmühlen wurde beim Vielbecker See ein riesiges Gefangenenlager eingerichtet. Von der Zivilbevölkerung durfte niemand in die Nähe kommen, die Amerikaner schossen sofort. Im Lager muss sich Grausames abgespielt haben, die Gefangenen lagen auf dem nackten Boden, bald hatten sie sich Erdlöcher gewühlt. Nach einiger Zeit wurden die Gefangenen weiter westwärts nach Schleswig-Holstein gebracht. Der Hang am Vielbecker See hat Jahre gebraucht, um wieder grün zu werden.

Ende Mai brach eine schreckliche Typhusepidemie aus, die den ganzen Sommer über wütete. Fast in jedem Haus waren Erkrankte. Viele Menschen erlagen dieser schlimmen Krankheit, auch junge nahe Bekannte aus der Nachbarschaft, mit denen ich gespielt hatte.

Einige Wochen später lösten britische Besatzer die Amerikaner ab und am 30. Juni 1945 ging die Schreckenskunde von Mund zu Mund: Die Russen kommen! Es wurde eine Ausgangssperre verhängt. Wir liefen im Haus von einem Fenster zum anderen und wollten sehen, was sich draußen abspielte. Das Wohnzimmer der Familie Tanger war wieder frei: Die Krankenschwestern waren plötzlich verschwunden. Dort hatten wir nun einen freien Logenplatz und konnten die Straße übersehen. Am Nachmittag tauchten dann plötzlich Pferdewagen auf, hochbeladen mit Kriegsbeute, sogar Spülklosetts waren angebunden! Die Russen marschierten nebenher. Der ganze lange Tross bewegte sich in Richtung Waldesrand. Nun war die Straße leer, und wir Kinder drückten uns an der Fensterscheibe unsere Nasen platt. Plötzlich kam ein einzelner Russe anmarschiert und steuerte genau auf unser Haus zu. Wir waren alle furchtbar erschrocken. Meine Mutter, so couragiert sie war, ging als einzige an die Haustür. Der Russe trat in den kleinen Flur, drückte meiner Mutter ein Bündel in die Hand und machte eine Bewegung, die hieß, sie solle die Wäsche waschen. Dann verschwand er wieder. Na ja, ich nehme an, die Frauen haben sich angestrengt, alles sauber zu bekommen. Am Abend des nächsten Tages kam der Russe jedenfalls wieder, um seine Sachen abzuholen. Er brachte einen Klumpen in Zeitung gewickelte Butter als Lohn mit. Wir waren alle sprachlos. Diesen Russen haben wir nie wiedergesehen. Dafür lernten wir andere Russen kennen, die uns Kinder immer nett behandelten und uns sogar manchmal Essen gaben. So lernte ich damals das russische Brot kennen, das so feucht und klebrig war, dass man es trocken essen konnte. Einige Russen konnten etwas deutsch sprechen, sie stammten meist aus der Ukraine. Sie erzählten uns von ihrem Zuhause. Manchmal weinten die ganz jungen Soldaten auch, sicher hatten sie Heimweh. Es kam auch noch vereinzelt zu Übergriffen und Vergewaltigungen an der deutschen Zivilbevölkerung, aber das waren im Juli 1945 schon Ausnahmen.


Endstation Sedanplatz in Grevesmühlen (Meckl)

Jochen Esdohr - Aus der Erinnerung und nach Notizen einer Tante im Februar 2003 niedergeschrieben

3. Mai 1945 – da stehen wir nun: zwei Lkw, hoch beladen mit Kisten, auf dem einen noch zwei Familien: meine Mutter mit ihren drei Kindern, meine Tante mit zwei kleinen Kindern und unsere Großmutter, dazwischen unser bisschen Flüchtlingshabe. Es ist morgens zwischen fünf und sechs Uhr. Erschöpft und übermüdet dösen wir vor uns hin. Diese Ruhe plötzlich nach dem Lärm der Nacht lähmt geradezu. Wir stehen an einem dreiseitigen Platz, aus den eng stehenden kleinen und etwas größeren Häusern hängen weiße Fahnen. Kein Mensch ist zu sehen, nur unser Fahrer steht rauchend am Straßenrand und sagt verärgert: „Weiter kommen wir nicht, der Tank ist leer.“ – Ist das nun das Ende unserer Flucht? Wer wird uns hier nun greifen, Russen oder Amerikaner?


 

Begonnen hatte das Drama unserer Flucht um den 20. April. Wir wohnten damals in Pasewalk, etwa 40 Kilometer westlich von Stettin. Bei uns aus Stettin evakuiert die Tante mit ihren Kindern und unsere Oma. Gemeinsam hatten wir über Wochen und Monate die Flüchtlingstrecks aus dem Osten erlebt. An eigene Flucht dachte von uns niemand – wohin denn noch, wenn die Rote Armee auch noch Vorpommern überrollen sollte? Außerdem: Stettin war Festung, „Bollwerk an der Oder“.

Am Nachmittag – Mutter war gerade einkaufen gegangen – erschien ein Flugzeug über der Stadt. Kurz zuvor hatten die Sirenen Alarm gegeben. Da fiel etwas vom Himmel und die erste Detonation verkündete: Bomben. Alles stürzte aus den Wohnungen in die Keller. Aber da wurde schon wieder Entwarnung gegeben, und die Familie war bald wieder vollzählig.

Der Schreck saß uns noch in den Gliedern, als plötzlich ohne Sirenenwarnung ganze Bomberverbände von Westen her erschienen und ihre todbringende Last über die Stadt verteilten. Danach waren ganze Straßenzüge dem Erdboden gleich und an verschiedenen Ecken brannte es lichterloh. Das kleine Pasewalk, bekannt nur als wichtiger Eisenbahn-Knotenpunkt und Garnisonstadt, hatte bis dahin noch keinen Luftangriff erlebt.

Die Nacht verbrachte die ganze Hausbewohnerschaft im Keller. Eilig wurde noch Habe zusammengepackt für den Fall weiterer Bombardements. Am Morgen riefen Hitlerjungen in die Keller: „Rette sich, wer kann!“ Auf der Straße lange deutsche Militärkolonnen, zu Fuß und auf Fahrrädern. „Haut ab, Stettin ist kampflos übergeben worden. Uns hat der Russe abziehen lassen.“

Das alles ereignete sich morgens gegen fünf Uhr; denn gegen sechs Uhr verließen wir mit Handwagen, Kinderwagen, mit Rucksäcken und Taschen bepackt, Haus und Stadt in Richtung Norden. Dabei stießen wir auf die ersten Toten vom Angriff am Vorabend. Mit fünf Kindern – meine Schwestern zählten gerade sieben und drei Jahre, Vetter und Cousine knapp fünf bzw. zweieinhalb Jahre, ich auch nur knapp elf – kamen wir nur langsam voran. Wir waren kaum aus der Stadt heraus, da waren sie wieder da, die amerikanischen Bomber, und die Stadt verschwand hinter einer schwarzen Wand aus Explosionsqualm.

Die Straßen waren voller Menschen, die um ihr Leben liefen. Schon flogen erste Gepäckstücke als lästiger Ballast in den Straßengraben. Hinter uns tauchten Flugzeuge am Himmel auf mit deutschen Hoheitszeichen. Wir Kinder winkten noch hoch, da warfen sie rechts und links Bomben ab und beschossen den Treck. Immer wieder mussten wir uns im Straßengraben flach auf die Erde pressen. In den deutschen Flugzeugen saßen jedenfalls keine deutschen Piloten.

Einige Kilometer weiter entdeckten meine Schwester und ich – wir beide zogen unseren Handwagen – einen Ackerwagen mit zwei Kindern und einem Bauern drauf. Es waren unser Vetter und unsere kleine Cousine. Die Tante hatte sie dem Bauern, als er an ihr vorbeifuhr, aufgeladen; denn sie konnten nicht mehr laufen. Im nächsten Ort wollte sie sie ihm dann wieder abnehmen. Die Tante hatte im allgemeinen Gedränge mit den Kindern nicht mehr mit uns Schritt halten können und wollte so nun wieder Anschluss suchen, bog aber an einer Straßengabelung falsch ab und hatte uns und ihre Kinder vollends verloren.

Nun standen Claus und Ursel weinend auf dem Pferdewagen und der Bauer rang verzweifelt die Hände. Er war heilfroh, als wir die Kinder zu uns nahmen. Die Tante fand uns einen Tag später nach 24stündiger Irrfahrt in verschiedenen Militärfahrzeugen auf offener Landstraße wieder. Viel Zeit zur Wiedersehensfreude blieb uns nicht. Der Flüchtlingsstrom wurde zusehends spärlicher, zeitweise waren wir schon allein auf der Chaussee.

Während unsere Tante durch die Gegend kurvte, war für uns der erste Fluchttag zu Ende gegangen. Unsere Füße hatten uns bis Jatznick getragen, aber nun ging nichts mehr. Wir suchten nur noch eine Nachtbleibe. An welche Tür wir auch klopften, die Häuser waren verschlossen, ihre Bewohner auch schon auf der Flucht. Schließlich entdeckten wir im Wald den Bahnhof des Ortes. Drin saßen ein paar Soldaten und Eisenbahner. Ob wir im Wartesaal nächtigen könnten? Gerne, wurde uns vom Bahnhofswirt gesagt. Hier seien wir absolut sicher, hier sei noch keine Bombe gefallen. Während dessen fuhr draußen in gemäßigtem Tempo der letzte Personenzug durch, von Tieffliegern arg zugerichtet.

Die Soldaten und Eisenbahner warnten uns. Auf den Gleisen stünde ein Güterzug, beladen mit Munition aus den unterirdischen Lagern in Torgelow und man rechne mit einem Luftangriff in der Nacht. Der Wirt wiederum wiegelte ab: Kein Mensch wisse um diesen Zug auf einem dunklen Waldbahnhof. Kurz: Wir blieben und packten uns auf die Bänke an den Wänden des Wartesaals.

Gegen 22 Uhr ein furchtbarer Knall: Eine Fliegerbombe war vor dem Bahnhofsgebäude explodiert und drückte dabei eine Seite des Gebäudes ein. Sofort war alles mit Feuer, Qualm und Staub erfüllt. Es war unser Glück, dass die Decke von Balken getragen wurde, die nun auf der einen Seite herabstürzten, auf der anderen aber noch standhielten. Wir rissen uns gegenseitig hoch und stolperten ohne Sicht durch das Trümmergewirr dem Ausgang zu. Draußen brannte der Wald, es erfolgten immer neue Detonationen, der Zug ging Waggon für Waggon in die Luft.

Wir rannten quer durch den brennenden Wald, rissen uns an Zweigen und Sträuchern Gesicht und Hände auf. Glühende Bomben- und Granatsplitter schwirrten umher und machten die Lage noch gefährlicher. Schließlich entdeckten wir einen umherkriechenden Eisenbahner, der einen in der Nähe befindlichen Luftschutzbunker suchte. Oh Wunder, wir fanden ihn und krochen nacheinander hinein. Hier hockten schon einige Personen aus dem Ort und von der Bahn. Bei dem schwachen Kerzenlicht war kaum ein Gesicht auszumachen. Ich weiß nur noch, dass meine Mutter einer Frau einen Arm verband.

Am anderen Morgen herrschte draußen Ruhe. Vorsichtig öffneten wir die Bunkerluke: schon in nächster Nähe Tote, vorwiegend Soldaten. Dann Trümmerteile und verstreute Granaten. Wir sammelten in der Bahnhofsruine und im Gelände unser Gepäck wieder zusammen, beluden unseren glücklicherweise unversehrten Handwagen und begaben uns wieder auf Wanderschaft. Die beiden Frauen hatten sich darauf verständigt, Stralsund zu erreichen in der Hoffnung, dort noch einen Zug in Richtung Westen zu finden.

Plötzlich ein Schrei und quietschende Bremsen eines Militärautos. Es war unsere Tante, die nur immer wieder rief: „Meine Kinder, meine Kinder!“ Sie dankte dem Fahrer und stürzte auf uns zu. Dabei erschrak sie über unser Aussehen: Wir trugen noch die Spuren der Nacht, waren ruß- und blutverschmiert. Die Tante hatte von Anklam aus den Gluthorizont von Jatznick gesehen. – Nach kurzer Rast ging es gemeinsam weiter.

In irgendeinem Ort trafen wir auf einen beladenen Lkw, dessen Fahrer bereit war uns mitzunehmen. Also aufgesessen und schon ging es ab in Richtung Anklam. Dort gerieten wir in ein schweres Gewitter, ein Wolkenbruch durchnässte uns bis auf die Haut. Aber ohne Aufenthalt ging es weiter. An diesem Abend kamen wir – wenn ich mich recht erinnere - zu einem Ort Moeckow an der Straßenkreuzung Anklam-Greifswald und Gützkow-Wolgast. Hier holte uns eine Auffangstelle der SS vom Wagen und verwies uns in eine schon fast überfüllte Scheune. Durchnässt, wie wir waren, verkroch sich jeder in Heu und Stroh. An Schlaf war aber kaum zu denken – immer wieder Rufen, Reden und Rascheln.

Am anderen Morgen war unser Lkw verschwunden. Die SS hatte sich auch aus dem Staub gemacht, wir waren wieder auf uns selbst gestellt. Die Scheune leerte sich, müde und kraftlos zog jeder seiner Wege. Beim Marsch durch die Dörfer sahen wir manchen Mann und manche Frau, die noch eilig im Garten Hab und Gut vergruben, ehe auch sie sich auf die Flucht begaben – die Russen wären bereits im Ort hinter uns.

In einem Dorf auf der Route Anklam-Greifswald entdeckte meine Mutter wieder einen Lastwagen, Fahrzeug einer Umzugsfirma aus Stettin. Der Fahrer nahm uns bereitwillig mit, obwohl sein Wagen schon voll beladen war – mit Zivilisten, Soldaten und vielen großen Kisten. Der Fahrer, ein Holländer, hatte nur ein Ziel: so schnell wie möglich nach Westen zu den Amerikanern zu kommen. Uns konnte das nur recht sein.

Von nun an ging es vorwärts. Mit unserem Fahrzeug hatten wir nämlich viele Flüchtlinge zu Fuß wieder eingeholt. In Greifswald hatte es noch einen kurzen Aufenthalt gegeben, den die Frauen dazu nutzten, Bäckereien nach etwas Essbarem abzuklappern. Dann ging es weiter Richtung Stralsund. Diese Stadt durchfuhren wir bei Nacht. Die Hoffnung, hier noch einen Zug nach Westen zu finden, hatten wir aufgegeben, wir hatten ja jetzt einen fahrbaren Untersatz.

Am nächsten Tag kamen wir durch Ribnitz-Damgarten, und von da an ging es wegen der verstärkt einsetzenden Tieffliegerangriffe amerikanischer Jabos langsamer voran. Da hieß es immer wieder anhalten und in die Straßengräben springen, was so vor sich ging: Als erster sprang ich, Mutter und Tante warfen mir ihre kleinen Kinder zu, dann sprangen Mutter und Tante, als letzte warf sich unsere 67jährige Oma in unsere Arme. Der Fahrer lenkte dann den Wagen geschickt unter dichte Chausseebäume oder bog in einen Waldweg ab. So haben wir alle Attacken heil überstanden. Nur das Weiterfahren war oft schwierig. Tote Menschen und Pferde versperrten den Weg.

An Rostock fuhren wir vorbei nach Wismar zu. Auch hier fuhren wir ohne Aufenthalt durch in Richtung Lübeck bis nach Grevesmühlen. Da war es schon später Nachmittag und die Jabos jagten uns noch zweimal vom Wagen. Der erste Angriff überraschte uns kurz hinter Hungerstorf (heute Waldeck), aber da konnten wir schon im Schutz der Wälder abtauchen. Am Straßenrand sahen wir zwei frisch angelegte Gräber – Opfer von Tieffliegern. Der zweite Angriff erfolgte ganz kurz vor Grevesmühlen, dicht am Wasserturm. Wieder strapazierten wir unsere Sprunggelenke, rannten diesmal auf die ersten Häuser zu. Im ersten größeren wurden wir sofort von einer Krankenschwester in den Keller geführt. Es war die Oberschule der Stadt, damals wie fast alle Schulen Lazarett.

Nach dem Luftüberfall wollten wir zurück zu unserem Wagen – aber oh Schreck, der war weg. Da gerieten wir dann doch etwas in Panik, bis uns eine Frau verriet, der Lkw ist in den Wald zurückgefahren, der Fahrer befürchtete noch weitere Angriffe. Also setzten wir uns auch in Bewegung in der Hoffnung, das Fahrzeug irgendwo wieder zu finden. Da stand an einer abbiegenden Seitenstraße unser Fahrer und winkte. Am Abzweig nach Hamberge hatte er den Wagen unter Bäumen verborgen. Dazu gesellte sich bald noch ein zweiter Lkw.

Es war früher Abend und noch hell. Allen knurrte der Magen, schon wieder mindestens zwei Tage nichts gegessen. Da fand sich auf dem zweiten Wagen ein geräumiger Kessel und es wurde beschlossen, zu kochen und zu backen. Die Männer lasen Holz und besorgten Wasser, die Frauen erledigten alles weitere. Tatsächlich gelang ihnen ein Süppchen und eine Mischung aus Brot und Kuchen. Ein halbwegs beruhigter Magen verhalf uns dann auch zu einem halbwegs ruhigen Schlaf.

Am nächsten Vormittag wollten sich die Frauen nach Grevesmühlen begeben, um bei der Stadtverwaltung nach Lebensmittelkarten zu fragen und dann einzukaufen. Vom Waldrand her sahen sie auf einem Turm (Wasser- oder Kirchturm?) eine weiße Fahne, die gerade wieder eingeholt, wenig später wieder gehisst wurde. Dieses auf und ab wiederholte sich einige Male, was darauf schließen ließ, hier wurde offensichtlich noch gerungen zwischen Kapitulation und Verteidigung.

Der „Ausflug“ nach Grevesmühlen unterblieb, dafür wurde beschlossen: Am Abend wird weitergefahren nach Lübeck. Bis dahin verbrachten wir den Tag im Wald. Ich sollte immer nach neuen Tieffliegern Ausschau halten und lag zu diesem Zweck an einem Abhang zur Straße zu. Plötzlich erstarrte ich vor Schreck: Da kam ein ganzer Trupp erdbraun Uniformierter auf mich zu. Ich muss wohl laut gerufen haben: „Die Russen kommen!“; denn ein Offizier wandte sich an mich und erklärte radebrechend: „Nix Russki, Magyar.“ Da war das eine Einheit ungarischer Soldaten, die sich auch zu den westlichen Alliierten durchschlagen wollten. Sie warteten nur, bis auf der Chaussee wieder Ruhe herrschte und zogen dann weiter.

Es muss gegen 20 Uhr gewesen sein, als wir aufbrachen, um bei Nacht unser Hauptziel zu erreichen. In Grevesmühlen herrschte Ruhe, die Einwohner saßen hinter den Fenstern und beobachteten die letzten durchziehenden Flüchtlinge und Soldaten. Überall verkündeten weiße Fahnen: Wir ergeben uns in unser selbstverschuldetes Schicksal. Da hat es auch bei mir knapp elfjährigem gedämmert: Eine Welt geht zugrunde, Heimat und Kindheit sind dahin.

Es wurde dunkler und dunkler, dabei die Landstraße immer wieder voller. Schließlich füllten Fußgänger und Fahrzeuge die ganze Straßenbreite. Wir müssen ziemlich dicht vor Lübeck gewesen sein, als von vorn die Nachricht durchsickerte, es gehe nicht weiter, die Brücken über die Trave seien gesprengt – und das vor unserem so lange angestrebten Ziel. Irgendwoher tauchte dann Alkohol auf und die Menschen ergaben sich ihrer Angst und Enttäuschung.

Im lähmenden Chaos wollten wir nicht versinken. Von Lübeck her waren Scheinwerfer auf uns gerichtet, von hinten, von Wismar her war Geschützdonner zu hören. Unsere beiden Fahrer versuchten klaren Kopf zu bewahren und stießen mit ihren Fahrzeugen langsam Meter um Meter zurück, bis es ihnen ein Feldweg ermöglichte zu wenden und zurückzufahren. So landeten wir am 3. Mai 1945 in Grevesmühlen am dreiseitigen Sedanplatz, übermüdet und erschöpft, aber gequält von der Frage, waren nun zwei Wochen Flucht umsonst gewesen? Greifen uns hier nun doch noch die Russen?

Es ist morgens zwischen fünf und sechs Uhr, absolute Stille – Stille vor einem Sturm? Plötzlich Motorengeräusche: Von zwei Seiten – aus der Lübecker- und der Bahnhofstraße kommen kleine vierrädrige Panzerfahrzeuge mit Kanonen und Maschinengewehr. Sie fahren bedächtig, umkreisen den Platz ehe sie halten. Auf der Motorhaube der inzwischen bekannte weiße Kreis mit weißem Stern: Die Amerikaner sind in Grevesmühlen. Die Männer der Vorhut steigen aus, die Waffen griffbereit. Schon machen sie erste Gefangene, einen Ortspolizisten, der pflichtbewusst seine Morgenrunde dreht, ein paar deutsche Soldaten, die um die Ecke biegen, zwei Matrosen, die gerade mal ihren Seesack absetzen. Alle werden entwaffnet und müssen sich ringsum auf die Stufen des Sedandenkmals setzen. Schon kommen die ersten befreiten Polen, Jugoslawen und andere gelaufen, greifen nach den erbeuteten deutschen Waffen und lassen ein Freudenfeuer los. Die Amerikaner stehen grinsend dabei, lassen sich feiern und geben selber ein paar Schüsse in die Luft dazu. Nachdem sie ihr Werk für gut befunden haben, besteigen sie ihre Fahrzeuge und fahren ganz unauffällig wieder ab.

Von unseren Fahrern wollen wir nun wissen, wie es weiter geht, aber sie sind nicht mehr da, gleich mit den Amerikanern mitgezogen. Also heben wir unser bisschen Gepäck vom Wagen, klopfen an einem der Häuser, um etwas Wasser zu erbitten und – werden freundlichst hereingebeten und noch bewirtet. So fing der erste Tag in Grevesmühlen, unser neues Leben hier ganz gut an. Dann wurde Ausgangssperre ausgerufen, und ab Mittag rückten die Sieger offiziell in der Stadt ein.

Es herrschte Krieg noch bis zum 8. Mai, für uns war er am 3. zu Ende.


Hier noch einige Fakten und Daten über das Drama der Massenflucht, die ich aus verschiedenen deutschen Internetseiten zusammengetragen habe:


http://www.hjanzen.de : In den letzten Kriegsmonaten flüchteten mehr als 16 Millionen Menschen, allein in Ostpreußen über 9 Mio. Mehr als 7 Mio. aus Danzig, Memel- und Sudetenland, Schlesien, Pommern sowie anderen Gegenden in denen Deutsche lebten.

Durch die Flucht, durch Misshandlungen, Hunger, Kälte und Erschöpfung oder Erschießen kamen geschätzt 2,5 Mio Deutsche ums Leben. 3 Mio. Frauen wurden vergewaltigt.

Vom Deutschen Reich wurden nach dem zweiten Weltkrieg mehr als 114.000 Quadratkilometer Land geraubt und in polnische und russische Verwaltung übergeben, die deutsche Bevölkerung nach Western vertrieben, soweit sie nicht hatte flüchten können. Jahrhundertlange deutsche Siedlungsgebiete auf tschechischem oder urpolnischem Gebiet wurden ethnisch gesäubert.


Die sowjetischen Truppen gingen in den frisch eroberten Gebieten brutal und ohne Rücksicht auf die deutsche Zivilbevölkerung vor:

Es zeigte sich auch bald, dass sich hier nicht die Mordgesinnung einzelner Truppenteile ausgetobt hatte, sondern dass hier grausame Verbrechen mit Wissen und Willen der sowjetischen politischen und militärischen Führung begangen worden waren. Bei den in den Kämpfen gefallenen sowjetischen Soldaten fand man blassbläuliche Handzettel in der Größe etwa eines Briefumschlags, die einen Aufruf des kommunistischen Schriftstellers Ilja Ehrenburg mit folgendem Text enthielten: »Tötet, tötet! Es gibt nichts, was an den Deutschen unschuldig ist, die Lebenden nicht und die Ungeborenen nicht! Folgt der Weisung des Genossen Stalin und zerstampft für immer das faschistische Tier in seiner Höhle. Brecht mit Gewalt den Rassenhochmut der germanischen Frauen. Nehmt sie als rechtmäßige Beute. Tötet, ihr tapferen, vorwärtsstürmenden Rotarmisten!« (Mag. Rolf-Josef Eibicht)


Viele Flüchtlinge aus Ost- und Westpreußen haben sich durch die relativ friedlichen Verhältnisse, die in Danzig und Pommern während des Februar 1945 herrschten, verleiten lassen, in diesen Gebieten zu bleiben. Noch mehr gilt das für die einheimische Bevölkerung, von der nur sehr geringe Teile die noch bestehenden Verbindungen nach dem Westen benutzten, um mit der Bahn, zu Schiff oder im Treck in die Gebiete westlich der Oder zu gelangen. Erschwerend wirkte in dieser Beziehung, dass für ganz Pommern und das nördliche Westpreußen die Flucht der Bevölkerung von den Parteibehörden ausdrücklich verboten und teilweise sogar den aus dem Osten kommenden Trecks die Weiterfahrt in Pommern untersagt wurde. Infolgedessen hatte Anfang März, als der russische Großangriff auf Ostpommern und Danzig begann, die Bevölkerung dieser Gebiete keineswegs abgenommen, sondern war durch den Zuzug von Flüchtlingen noch um einige Hunderttausende vermehrt worden. Noch mindestens 2.5 Millionen Deutsche, davon über 25 Prozent Flüchtlinge, befanden sich im nördlichen Teil Westpreußens, im Raum um Danzig und in Ostpommern, und nur ein geringer Teil von ihnen vermochte nach Beginn des russischen Angriffs in den ersten Märztagen nach Westen über die Oder zu gelangen. Insgesamt lebten in Ostpommern und im Reichsgau Danzig-Westpreußen über 3 Millionen Deutsche, davon rund 900.000 in den Gebieten, die bis Ende Januar 1945 von russischen Truppen besetzt waren. Rechnet man, dass ca. 2-300.000 Flüchtlinge aus Ostpreußen, dem östlichen und südlichen Teil Westpreußens, dem Warthegau und den südlichen Kreisen Pommerns sich in dem während des Monats Februar noch unbesetzten Gebiet um Danzig und in Ostpommern aufhielten, so ergibt sich die Zahl von 2,5 Millionen als Mindestzahl für die Anfang März im unbesetzten Teil Pommerns und Danzig-Westpreußens befindlichen Deutschen.


Lew Kopelew, russischer Germanist jüdischer Abstammung, Anfang 1945 deutschsprachiger Major in einer Propagandaeinheit der Armee des Marschalls Rokossowskij, damals noch übereugter Marxist-Leninist, schreibt in seinem 1976 bei Hoffmann und Campe verlegten und sehr lesenswerten Buch - ISBN 3-455-03920-0 - "Aufbewahren für alle Zeit!" (S.17):

"War eine derartige Verrohung unserer Leute wirklich nötig und unvermeidlich - Vergewaltigung und Raub, musste das sein? Warum müssen Polen und wir uns Ostpreußen, Pommern und Schlesien nehmen? Lenin hatte seinerzeit schon den Versailler Vertrag abgelehnt, aber dies war schlimmer als Versailles. In den Zeitungen, im Radio riefen wir auf zur heiligen Rache. Aber was für Rächer waren das, und an wem haben sie sich gerächt? Warum entpuppten sich so viele unserer Soldaten als gemeine Banditen, die rudelweise Frauen und Mädchen vergewaltigten - am Straßenrand im Schnee, in Hauseingängen; die Unbewaffnete totschlugen, alles, was sie nicht mitschleppen konnten, kaputtmachten, verhunzten, verbrannten?... Sinnlos - aus purer Zerstörungswut... Wie ist das nur alles möglich geworden? - Haben nicht wir sie erzogen, wir die Politarbeiter, die Journalisten, die Schriftsteller - Ehrenburg und Simonow und Hunderttausende anderer strebsamer, ehrgeiziger, aber auch begabter Agitatoren, Lehrer, Erzieher, aufrichtige Prediger der "heiligen Rache"? Wir lehrten sie hassen, überzeugten sie, dass der Deutsche schon deshalb schlecht ist, weil er Deutscher ist; wir verherrlichten den Mord in Gedichten, Prosa und Malerei. "Papa, erschlag den Deutschen!" Es gab eine Zeit, in der ich mich fast schämte, kein "persönliches Konto" erschlagener Deutscher zu haben..."


Buchempfehlung: Jürgen Thorwald: Die große Flucht - Es began an der Weichsel - Das Ende an der Elbe - Droemer Knaur Verlag Schoeller 1979 oder Deutscher Bücherbund - Steingrüben-Verlag GmbH - vermutlich nur noch antiquarisch erhältlich.


http://freenet-homepage.de/MichaelSchwarz/Vertreibung.htm : Die einzige Rettung waren Schiffe nach Westen. Unermüdlich bemühte sich die Marine, die Flüchtlinge zu retten. Alle vorhandenen Schiffe wurden eingesetzt. Erst am 09.05.45 um 0:00 Uhr stach das letzte Schiff im deutschen Osten zur See.

Am 30.01.1945 legte der KdF Dampfer Wilhelm Gustloff von Gotenhafen ab. An Bord waren 5.000 Menschen. Um 21:00 trafen drei russische Torpedos das Flüchtlingsschiff. Das Schiff legte sich backbord über. Panik brach aus, wer fiel, wurde niedergetreten. Alles schrie und wollte an Deck. Furchtbare Szenen! Kampf um Rettungs- und Schlauchbote. An der schräg liegenden Gustloff klammerten die Menschen wie Fliegen. Viele schwammen im eiskalten Wasser, Notraketen stiegen in den Himmel. Gurgelnde Hilfeschreie Ertrinkender. Dreimal heulte das Nebelhorn, kenternd sank die Gustloff. Über 4.000 Menschen starben, viermal so viel wie bei der Titanic. Aus Pillau stach die "Steuben", durch das Rote Kreuz als Lazarettschiff kenntlich gemacht, mit 3.000 Mann in See. Am 10.02.1945 wurde das Schiff durch russische Torpedos getroffen und riss 2.700 Menschen in den Tod. Neben vielen anderen kleinen Schiffen war der Untergang der Goya am 16.04.1945 die größte Katastrophe der Seefahrt. Zwei Torpedos trafen das Schiff. Es brach mittschiffs auseinander und riss 5.220 Menschen in den Tod, nur 165 konnten gerettet werden. Diese drei Schiffe hatten rund 16.000 Menschen in die Tiefe gerissen. Indessen lagen zwischen dem Untergehen der Wilhelm Gustloff und der Goya immerhin 10 Wochen, in denen Hunderte von Überfahrten glückten und Hunderttausende gerettet wurden.

Am 04.03.45 hatten die Sowjets Köslin erobert. Während die letzten Schiffe mit 18.310 Menschen die Molen von Kolberg verließen, feuerten sowjetische Panzer vom Stadtrand. Und unter dieser Zusammenballung luden die 700 Bomber der amerikanischen Luftflotte ihre tödliche Last über Swinemünde ab, denen sieben Flüchtlingsschiffe zum Opfer fielen. Trotz weißer Flaggen wurden die Schiffe mit Phosphorbomben angegriffen, brannten aus und kenterten. Die letzten drei Tage gipfelten in einer konzentrierten Rettungsaktion aller noch vorhandenen Kräfte. Während aus Swinemünde am 5. Mai die letzten 27.000 Mann entkamen, hielt Hela den Rekord, wo alleine am 6. Mai 1945 ca. 43.000 Flüchtlinge abgeholt werden konnten und in letzter Stunde nochmals 20.000 Flüchtlinge und Soldaten. Aber um alle zu evakuieren reichte die Zeit nicht mehr aus. Als mit der bedingungslosen Kapitulation alles stillstand, gab es auf Hela noch etwa 60.000 Flüchtlinge und Soldaten, an der Weichselmündung rund 40.000.


Kolberg konnte sich bis 18.03.1945 halten, so konnten noch Zehntausende verschifft werden. Am 19. März wurde Danzig bombardiert, Tausende fanden den Tod, die alte deutsche Hansestadt wurde stark zerstört. Die Marine half, wo sie konnte, dem Heer, dem die Munition ausging. 1,5 Millionen Menschen konnten dank des heldenhaften Einsatzes des deutschen Soldaten zur See gerettet werden.

Mit Ausnahme von Kolberg, das bis zum 18. März verteidigt wurde, war am 10. März ganz Ostpommern von der Roten Armee besetzt.


 

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Erich Harder (als körperbehinderter Rollstuhlfahrer nicht wehrfähig) aus Lübzin schrieb im März 1946:

Ein Adolf Hitler hat unser liebes schönes Vater­land in ein namenloses Elend gestürzt.  Aber ich will mit Hilfe meines kleinen Tagebuches der Reihe nach berichten.

Am 7.03.1945 wurde Gollnow von den Russen bombardiert, die ganze Stadt war ein Flammenmeer.  In der Nacht zum 8.03. zogen sich unsere Truppen auf Lübzin und die umliegenden Dörfer zurück.  Bei uns im Hause war die Befehlsstelle.  Herta mit den Kindern und den polnischen  Zwangsarbeitern gingen in die Feldscheune.  Mutter, ich und die alte Frau Röstert, sowie Lieschen gingen bei Schwenkes in den Bunker.  Herta fuhr in der Nacht mit ihrem Anhang nach Seebudenlake und in Etappen bis hier.  Wir vier saßen im Bunker.  Um uns schlugen die Granaten ein.  Röschter’s Scheune und Paul Kluges Haus bekamen mehrere Treffer, und es war die Hölle los, der Himmel blutrot.  Dieses Konzert dauerte vier Tage.

Am 12.03.1945 rückte der Russe ein.  Wir hatten uns weiße Fahnen gemacht.  Die Frauen gingen nach Hause und kochten Kaffee.  Im Hause sah es bunt aus, denn vor jeder Schrankkommode stand ein Russe und kramte alles durch.  Mutter holten sie Wasser von der Pumpe, gaben ihr Streichhölzer.  Bis auf das Durch­kramen benahmen sie sich ganz menschlich.  Auch ich hatte gleich Besuch im Bunker.  Es wurde auch alles durchsucht.  Obwohl ich meine gute Taschenuhr in die Hosenschlitze gesteckt hatte, fanden sie sie doch.  Am 13.03. sind wir alle aus dem Bunker gezogen, Röscherts mit uns, denn der Schornstein auf ihrem Haus war zerstört.  Wir haben bis zum Tode der beiden Röscherts gut zusammen gelebt.  Aber wie sah unser schönes Haus aus?  Fünf Granaten hatte es abbekommen, das Dach war arg zerstört.  In Hertas Küche war ein Treffer krepiert.  Nun, zu beschreiben ist es nicht.  Auf unserer Seite war bis auf die Fensterscheiben alles heil.  In dem großen Dorf waren die Fischer Karl Block und Frau, der alte Böttcher, Frau Fritz Griesbach, Oma Devierl und wir vier.  Wir hatten nun dauernd Besuch durch die Russen.

75 % aller Russen waren kindlich gute Menschen, 25 % aber auch sehr böse.  Geschlagen oder sonst dergleichen wurden wir niemals, im Gegenteil, sie sorgten väterlich für uns.  Zu Ostern brachten uns russische Offiziere eine große schwere Gans zu 18 Pfund.  Fleischmangel hatten wir während der Russen­zeit nie.  Frau Griesbach wurde treu und brav von den Russen verpflegt, bis zu ihrem Tode.  

Am 26.03. wurden wir aus Lübzin ausgewiesen.  Wir kamen bis Hans Fischer, Theerofen.  Frau Fischer war mit ihren Töchtern noch dort.  Hans Fischer ist am 12.3. erschossen worden, seine Leiche lag noch nebenan im Pferdestall.  So etwas Stupides und Rohes wie Frau Fischer habe ich im Leben noch nicht kennen gelernt.  Sie gönnte uns kaum ein paar Pellkartoffeln.  Am Nachmittag ging eine schwere Kanonade Langenhorst - Pölitz los, welche bis um 14 Uhr anderen Tages dauerte.  Die eine Nacht, die wir auf Theerofen verbracht haben, werde ich wohl nie vergessen.  Ich ließ mich von den Fischermädchen am Nachmittag wieder nach Lübzin fahren und meldete mich beim Kommandanten.  Wir vier konnten wieder nach Hause.  Auf unserem Hof war ein Verpflegungsdepot eingerichtet.  Es wimmelte von Russen.  Ich reparierte Uhren für die Russen und hatte es dadurch gut.  Meine Kundschaft war sehr groß.  Besucht haben uns vier Ärzte und zwei Ärztinnen.  Es ging wie im Affenhaus zu.  Abends war ich müde wie ein Stück Holz.  Am 22.03. ist Oma Devierl gestorben.  Wo ihre Leiche geblieben ist, konnte nicht festgestellt werden, höchstwahrscheinlich verbrannt.  Am 19.04. abends wurde von den Russenfolgende Gebäude in Brand gesteckt: Paul Kluge total, Erich Schwenke total, Rappräger-Zink total, Devierl-Parske, Stallungen, Tank’s Scheune, bei uns mein Schuppen, Waschküche und der kleine Stall.   Die Nacht haben        wir auf dem Kaffeeberg bei Fritz Meißner zugebracht.  Am 20.04. brannten die Wohnhäuser bei Frau Schreiber, Ewald Krüger, Oma Höfs, Fritz Griesbach, alle 13 Baumgardt, Onkel Richard Jädeke, Freytag total, Albert Heyn, Stallungen, Hermann Frank, Schürzenschmid total, Albert Leuow total, Fierke’s Scheune.

Frau Hans Fischer kam am 14.04. mit drei Karren Gepäck zu uns, weil sie es auf Theerofen nicht mehr aushalten konnte. Wir hatten uns etwas Schönes ran geholt, denn die Blase ging gleich auf Stehlen aus.  Am 12.06. ist sie mit zwölf Karren wieder losgezogen.  Am 24.04. wurden wir mit Sack und Pack nach Ibenhorster zu Sänger hingefahren, denn die Russen eröffneten die Offensive gegen Stettin.

Am 25.04. wurde das Ende von Otto Leuoe bis Otto Hildebrabdt und von Ferdinand Tietz bis Ewald Parlow von den Deutschen mit Granaten in Brand geschossen.

Es standen noch die Wohnhäuser von Otto Leuow, das Pfarrhaus, Berliner Kohn, Fritz Devierl, Anna Neumann, Marrendorf, Brombergen, Ewald Baumgardt und Karl Michaelis.  Sämtliche anderen, Ställe usw. lagen in Asche.  Es war für mich sehr schmerzlich, als unsere liebe alte Kirche nachmittags um 4 Uhr brannte.

Am 27.04. war ich wieder der erste, der in Lübzin war.   Liesechen wurde in meinem Fahrstuhl nachgeholt.  Sie war schwach und krank und ist am 4.05. um 20 Uhr verstorben.  Sie wurde ihrem Wunsch gemäß, in ihrem Garten begraben.  Böttcher hat das Grab geschaufelt, ihre Mutter wieder zu.  Ich habe das Kreuz mit Namen gemacht.

Am 17.05. kam ein großer Trupp Flüchtlinge zurück.  Wir wollten sie alle begrüßen.  Als wir die ausgemergelten Gestalten sahen, habe ich weinen müssen.  Am 20.5. kam ein polnisches Regiment.  Auf Althof war die Kaserne.  Nun gab es eine polnische und eine russische Kommandantur.  Die polnische war im Pfarrhaus untergebracht.  Mit der russischen stand ich mich sehr gut.  Solchen dicken Aal haben wir noch nie gesehen, den ich von den Russen bekommen habe.

Am 10.06. wurde die alte Frau Röschert krank, ob vom dicken Aal oder von der Aufregung, weiß ich nicht.

          Am 12.6. wurden wir von den Polen aus Lübzin verwiesen.  Der russische Kommandant brachte uns noch nach Sophiental.  Weil wir ins Ungewisse fuhren, ließ ich Frau Röschert bei Fischer Theerofen, wo sie am anderen Tag verstorben ist.  Sie liegt am Wege Theer­ofen - Ibenhorst begraben.  Es war für mich so schmerzlich, konnte es aber nicht ändern.  Am 23.06. wurden wir von den Pollaken zusammengetrieben und nach Lübzin gebracht.  Von der Ausplünderung auf Althof will ich nicht schreiben, denn sie war gemein.  In Pölitz blieben wir einen Tag und acht Tage in Falkenwalde.  Von da in Trecks bis nach Strasburg (Uckermark), ich in meinem Fahrstuhl immer hinten angebunden und Mutter auf dem Wagen.  Von den Strapazen will ich nicht schreiben.

Von Strasburg sind wir mit der Eisenbahn nach Neubrandenburg gefahren.  Dort blieben wir einige Tage.  Von dort ging es weiter nach Penzlin.  Penzlin ist eine Stadt von 5.000 Einwohnern.  Dort meldete ich mich bei der russischen Kommandantur als Uhrmacher und wurde angenommen.  Wurde gleich in die Werkstatt gebracht, der Kommandant sorgte für Wohnung und Lebensmittel, und unsere Not hatte ein Ende.  Wie dankbar wir die Hände gefaltet haben, können sie sich denken.  Ich bekam auch einen Gehilfen, Hans Latsch (Litauer), er hatte aber von der Uhrmacherei keine Ahnung.  Der Russe hatte eine große Schwäche, und das waren seine Uhren.  Wer die reparieren, konnte alles von ihm haben.  Arbeiten habe ich tüchtig müssen.  Obwohl wir gutes und reichliches Essen hatten, magerte Mutter zusehends ab und sah gelb aus.  Sie wurde krank.  Ich ließ sie ins Krankenhaus bringen, wo sie am 18.08. gestorben ist.  Ich ließ sie der Zeit ent­sprechend beerdigen.  Der Pastor fand gute schlichte Worte.  Nun saß ich in der weiten Welt allein, von den Angehörigen wusste ich nichts.  Aber der Herrgott ließ den alten da nicht verkommen, ein Hausbewohner, der Arbeiter Richard Timm und seine Frau nahmen sich meiner an.  Ich bin im Leben noch nie so verwöhnt worden, als bei Mutting Timm.  Ich verdiente soviel, dass ich eine große Familie ernähren konnte.  Den Überfluss habe ich an Flüchtlinge verteilt.  An Geld habe ich in den drei Monaten an die 6.000 Mark verdient.  An 1.000 hab e ich an Flüchtlinge verteilt, denn das Elend, das ich gesehen habe, war unbeschreiblich.  Am 26.11. kamen Herta und Gustav Trester und holten mich nach Bandenitz bei Hagenow.  Die Bevölkerung und die Russen wollten mich nicht fortlassen, aber ich hatte ein Grauen vor dem Winter, und das Verlangen nach den Kindern war zu groß.

Als wir uns gesehen haben, haben wir alle geweint.  Püppi ist gewachsen, dass ich sie gar nicht wieder erkannt habe. 

Ursel und Dieter sowie Herta wurden krank an Typhus und mussten ins Krankenhaus.  Dieter lag lange, lange Zeit schwer, so dass er schon aufgegeben wurde, Herta und Ursel normal.  Herta konnte schon wieder aufstehen, bekam aber durch Erkältung einen Rückschlag, dem sie am 15.11. erlegen ist.  Sie hat das noch erfahren, dass Kurt sich gemeldet hat.  Von all dem, was ich habe durchmachen müssen, war dies doch das Schwerste, denn die armen Kinder Ursel und Dieter brachten aus dem Kranken­haus eine böse Kopfflechte mit, denn wer ins Krankenhaus ist, bekommt auch Läuse.  Es war nicht anders zu machen, ich musste allen die Haare kurz abschneiden.  Ursel sieht ganz anders aus, Püppi aber umso drolliger.  Marie Züge ist bei uns und sorgt für unser Wohl, wenn ich auch nicht so üppig lebe wie in Penzlin, denn der Boden ist hier sandig. 

 

Sollten wir nochmals nach Hause kommen, dann werden wir nur noch Müll in den Häusern finden.  Als ich noch in Lübzin war, gab es keine Hühner noch einen Pferdeschwanz, nur Katzen und Hunde trieben sich rum.

Aber solang meine Tabakspfeife noch dampft, verliere ich nicht den Mut.

 

 

 


 

Der Brückenkopf Altdamm konnte sich gegen heftigste sowjetische Angriffe vom 6. bis zum 20. März, gleichfalls gegen vielfache feindliche Übermacht, halten. Der Sinn dieser Operation bestand darin, den Hafen Stettin und damit eine wichtige Seeverbindung für den Verkehr mit den in Ostpommern, Westpreußen und Ostpreußen noch bestehenden Brückenköpfen zu halten. Die Sowjets mussten hohe blutige Verluste hinnehmen, bis ihnen schließlich die Eroberung von Altdamm gelang. Die deutsche Bevölkerung sowie die deutschen Verbände konnten vorher auf das Westufer der Oder zurückgenommen werden. Der Verlust des Stettiner Hafens bedeutete allerdings eine erhebliche Erschwerung für die deutschen Seetransporte.


Buchempfehlungen:

Jürgen Thorwald: Die große Flucht - Es begann an der Weichsel - Das Ende an der Elbe - Droemer Knaur Verlag Schoeller 1979 oder Deutscher Bücherbund - Steingrüben-Verlag GmbH - vermutlich nur noch antiquarisch erhältlich.

Christian Graf von Krockow: Die Stunde der Frauen, DTV

Jürgen Ruszkowski (Herausgeber): Wir zahlten für Hitlers Hybris - siehe unten im gelben Kasten


Das Gebiet östlich von Stettin wurde im März 1945 am Ende des zweiten Weltkrieges von der sowjetischen Roten Armee gegen heftigen Widerstand der deutschen Wehrmacht hart umkämpft: gemäß Helmut Lindenblatt: "Pommern 1945" wurde Gollnow (heute Goleniow) am 7.3. von den Russen bedroht, Lübzin (heute Lubczyna) am 8.3. Bei Hornskrug (heute Rzesnica) nördlich vor Altdamm (heute Dabie) stürmten die Sowjets am 11.3. gegen den Brückenkopf Altdamm an. Am 15. März brach an allen Fronten der Angriff los. Südlich von Klebow wurde die deutsche Front mit zusammengefassten sowjetischen Kräften durchstoßen und durch den Wald der Buchheide (heute Puszcza Bukowa) drangen die Russen bis an die Autobahn vor. Am 17. März wurden die Autobahnbrücken über die Oder gesprengt. Bis zum 20.3. konnte der Brückenkopf Altdamm noch von den Deutschen gehaltenen werden. Am 29. März wurde der Brückenkopf Langenberg auf dem Ostufer der Oder aufgegeben, der zum Schutz von Pölitz gebildet worden war. Während die Rote Armee die Oder südlich von Stettin überquert hatte und am 22. April bereits im Raum Oranienburg nördlich von Berlin kämpfte, drang sie am 24. April von Süden aus nordwärts in Vorpommern ein und stand am 25. April westlich Stettin vor der Bahnlinie nach Löcknitz und Pasewalk . Am 25. April 1945 abends wurde Stettin geräumt, weil die Stadt sonst eingeschlossen worden wäre. Was nicht bereits zuvor dem Bombenkrieg zum Opfer gefallen war, ging bei den wochenlangen Eroberungs- bzw. Verteidigungskämpfen in Schutt und Asche.

O teren na wschód od Szczecina w marcu 1945 r., pod koniec II wojny swiatowej, radziecka Armia Czerwona prowadzila intensywna walke przeciw gwaltownemu oporowi niemieckiego Wehrmachtu: Goleniów zostal zagrozony przez Rosjan 7 marca, Lubczyna - 8 marca. Rzesnice, na pólnoc od Dabia, szturmowali Sowieci 11 marca jako przyczólek Dabia. 15 marca nastapil atak na wszystkich frontach. Na poludnie od Chlebowa niemiecki front zostal przelamany przez zespolone sily sowieckie i przez Puszcze Bukowa, Rosjanie dotarli do autostrady. 17 marca zostaly wysadzone przeprawy mostowe autostrady przez Odre. Do 20 marca przyczólek Dabia byl utrzymywany przez Niemców. 29 marca zostal poddany przyczólek w Swietej na wschodnim brzegu Odry, który utworzono w celu obrony Polic. W czasie gdy Armia Czerwona przekroczyla Odre na poludnie od Szczecina i wlasnie walczyla od 22 kwietnia w okolicy Oranienburga na pólnoc od Berlina, naparla ona z poludnia 24 kwietnia na pólnocne Pomorze Przednie i stanela 25 kwietnia na zachodzie Szczecina przed linia kolejowa z Loecknitz do Passewalku. 25 kwietnia wieczorem Szczecin zostal opuszczony, gdy miasto zostalo okrazone. To, czego nie zniszczyly bombardowania, podczas tygodniowych walk obronnych zmienilo sie w gruz i popiól.

Für die Übersetzungen dieser Seite ins Polnische danke ich herzlich Herrn AndrzejPalmirski - 


Band 15:

 

Zeitlebens im Gedächtnis

Deutsche Schicksale um 1945 

Wir zahlten für Hitlers Hybris

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